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Flugtickets für den Rückflug dürfen bei einem verpassten Hinflug nicht ersatzlos verfallen


urbs-media, 3.5.2010: In den Allgemeinen Beförderungsbedingungen zahlreicher Fluggesellschaften wird es den Kunden untersagt, bei der Buchung von Hin- und Rückflugtickets den Flug für die Hinreise nicht anzutreten und nur den Rückflug in Anspruch zu nehmen. So heißt es z.B. in den "Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck" (ABB Flugpassage) der Deutschen Lufthansa: "Der Flugschein verliert seine Gültigkeit und wird nicht zur Beförderung angenommen, wenn Sie nicht alle Flugcoupons vollständig und in der im Flugschein vorgesehenen Reihenfolge ausnutzen. Die Inanspruchnahme der gesamten Beförderungsleistung ist wesentlicher Bestandteil des mit uns geschlossenen Beförderungsvertrages. Die Kündigung einzelner Teilstrecken (Coupons) ist vertraglich ausgeschlossen." Und auch in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen von British Airways ist geregelt, dass der Flugschein seine Gültigkeit verliert, wenn nicht alle "Flight Coupons" in der angegebenen Reihenfolge genutzt werden.

Wenn ein Reisender daher z.B. mit einem Lufthansa-Ticket von Düsseldorf nach Berlin und zurück seinen Hinflug verpasst hatte anderweitig zum Zielort gelangte (z.B. mit der Bahn); dem wurde von der Lufthansa im Regelfall auch der bereits bezahlte Rückflug von Berlin nach Düsseldorf verweigert. Die Fluggesellschaften begründen diese Praxis damit, dass so genannten "Überkreuzbuchungen" verhindert werden sollen. Denn in der Tat ist es für die Reisenden oftmals günstiger, zwei Tickets jeweils für den Hin- und Rückflug als Sonderangebot zu buchen, als zum Normalpreis zum Zielort und zurück zu fliegen.

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr entschieden, dass derartige Klauseln in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen die Fluggäste entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen können und deshalb nach § 307 BGB unwirksam sind. Denn nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch hat jeder Gläubiger grundsätzlich das Recht, nur einen Teil der ihm vertraglich zustehenden Leistung zu fordern. Dieses Recht findet seine Grenzen nur in dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB).

Danach kann der Anspruch auf die Teilleistung zwar ausgeschlossen sein, wenn der Fluggast schon bei Vertragschluss nicht die Absicht hat, die Gesamtleistung des Luftverkehrsunternehmens in Anspruch zu nehmen, sondern diese nur deshalb bucht, weil er auf diese Weise an einen Preisvorteil gelangen will, der etwa Fluggästen angeboten wird, die Unbequemlichkeit und Zeitverlust einer Umsteigeverbindung auf sich nehmen, obwohl von dem von ihnen gewünschten Abflughafen auch - häufig allerdings teurere - Direktflüge zu ihrem Endziel angeboten werden.

Den Anspruch der Flugkunden auf Teilleistungen kann jedoch dann nicht ausgeschlossen werden, wenn der Fluggast den Nichtantritt des ersten Fluges bei der Buchung nicht absehen konnte. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn sich der Fluggast wegen einer veränderten Terminplanung bereits am Abflughafen für den Fernflug oder in dessen Nähe befindet oder in denen er den Zubringerflug verpasst, den Fernflug aber noch auf anderem Wege erreichen kann. In diesen Fällen steht der Grundsatz von Treu und Glauben dem Anspruch des Fluggastes auf die Beförderung mit dem Fernflug oder dem Rückflug nicht entgegen.

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.4.2010 - Xa ZR 5/09 und Xa ZR 101/09)

urbs-media Praxistipp: Allerdings erkennt der BGH ein berechtigtes Interesse der Fluggesellschaften an, die vorgenannten Umgehungen ihres Tarifsystems zu verhindern. Hierzu reicht es nach Ansicht der BGH-Richter jedoch völlig aus, die Kunden statt der Stornierung des Tickets in derartigen Fällen mit einem erhöhten Entgelt zu belasten.

Wer als Flugreisender dennoch von den Sonderangeboten z.B. für Hin- und Rückflug durch Überkreuzbuchungen profitieren will, der sollte seine Tickets auf jeden Fall bei verschiedenen Fluggesellschaften buchen. Ansonsten ist es für die Fluggesellschaft recht einfach, dem Kunden eine Umgehung des Tarifsystems nachzuweisen und ihn mit einer Strafzahlung in Höhe der ersparten Ticketkosten zu belasten. Denn es wird vermutlich nur wenige Tage dauern, bis die Fluggesellschaften ihre bisher unwirksamen AGB-Bestimmungen entsprechend geändert haben.



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