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Inhaber von Geschenkgutscheinen tragen das volle Insolvenzrisiko des Ausstellers


urbs-media, 9.11.2009: Laut einer Pressemitteilung der Unternehmensberatung Ernst & Young wollen die Deutschen zum Weihnachtsfest 2009 verstärkt Gutscheine verschenken. Insgesamt plant weit mehr als die Hälfte der Befragten, zu Weihnachten auch Geld oder Gutscheine zu verschenken. Soweit es sich hierbei um vom Schenker selbst gefertigte Gutscheine handelt (z.B. für ein Abendessen im Restaurant oder einen Kino- oder Theaterbesuch), bestehen aus Sicht des Verbraucherschutzes gegen derartige Gutscheine keine Bedenken.

Anders ist die Situation hingegen bei Geschenkgutscheinen, die von Unternehmen "verkauft" werden. Denn hier trägt der Beschenkte das Risiko, dass das ausstellende Unternehmen zum Zeitpunkt der Einlösung des Gutscheins noch existiert. Wer also z.B. vom letzten Weihnachtsfest noch einen Geschenkgutschein der Warenhauskette Hertie in seiner Schublade findet, der schaut buchstäblich in die Röhre und kann seine Forderung allenfalls noch zur Konkurstabelle anmelden.

Im Falle der Quelle-Insolvenz empfehlen Verbraucherschützer daher, noch vorhandene Gutscheine schnellstmöglich einzulösen. Denn spätestens mit der endgültigen Einstellung des Geschäftsbetriebs im Dezember 2009 verlieren derartige Gutscheine ihre Gültigkeit. Der Quelle-Insolvenzverwalter hat in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass nur noch solche Gutscheine eingelöst werden, die entweder als Geschenkgutscheine gekauft wurden oder aus Gutschriften für Warenrücksendungen stammen. Treuegutscheine und ähnliche Gutscheine ohne finanzielle Gegenleistung des Kunden werden von Quelle schon jetzt nicht mehr eingelöst.

Neben dem Risiko der Insolvenz des Gutscheinausstellers gibt es bei Gutscheinen zusätzlich noch ein Gültigkeitsproblem. Denn viele Unternehmen befristen die Gültigkeit der von ihnen vertriebenen Geschenkgutscheine. Die Rechtsprechung hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass Geschenkgutscheine jedenfalls nicht schon nach einem Jahr verfallen dürfen. Im Urteilsfall hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg beim Landgericht München gegen den Online-Händler Amazon geklagt und erfolgreich beantragt, die in den AGB von Amazon festgelegte Einlösungsfrist für Geschenkgutscheine von einem Jahr für unwirksam zu erklären (LG München I, Urteil vom 5.4.2007 - 12 O 22084/06).

Aus dem Urteil geht nicht hervor, ob nun generell für alle Gutscheine eine Einlösungsfrist von drei Jahren gilt. Jedenfalls hat das Gericht klargestellt, dass eine nur auf ein Jahr beschränkte Geltungsdauer in AGB nicht wirksam festgelegt werden kann. Betrachtet man jedoch die bisherige Rechtsprechung des Landgerichts München, dann ist anzunehmen, dass das Gericht als Maßstab die regelmäßige gesetzliche Verjährungsfrist verstanden wissen will. Denn bereits im Jahr 1995 hatten die Münchener Richter entschieden, dass Geschenkgutscheine entsprechend der damaligen Rechtslage erst nach 30 Jahren verjähren (LG München I, Urteil vom 26.10.1995 - 7 O 2109/95). Wir gehen daher davon aus, dass sich die Gerichte nach der Verkürzung der allgemeinen Verjährungsfrist auf nur noch drei Jahre zum 1.1.2002 durch das so genannte Schuldrechtsreformgesetz weiterhin an der gesetzlichen Verjährungsfrist orientieren werden.

Die Verjährung beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Bei einem Geschenkgutschein, den die Eltern z.B. ihrem Kind zum Geburtstag im März des Jahres 2008 bei einem Händler gekauft haben, beginnt die gesetzliche Verjährungsfrist somit am 31.12.2008 und endet am 31.12.2011. Eine kürzere Verfallsfrist in den AGB des Händlers wäre daher unwirksam.

urbs-media Praxistipp: Gegenwärtig können selbst Insider nur schwer abschätzen, welchen Unternehmen in Deutschland als nächstes die Insolvenz bevorsteht. Es sind dabei nicht nur die Einzelhändler, sondern auch Gastronomie- und Vergnügungsbetriebe, denen wegen der aus den USA nach Deutschland importierten Finanzkrise die Insolvenz droht. Um in dieser Situation den mit dem Verschenken von Gutscheinen verbundenen Problemen aus dem Weg zu gehen will, sollte man daher ausschließlich die amtlichen "Gutscheine der Europäischen Zentralbank" (EZB) verschenken, die in allen Ländern der Euro-Zone als gesetzliches Zahlungsmittel gelten. Derartige Gutscheine gibt es im Wert von 5 Euro, 10 Euro, 20 Euro, 50 Euro, 100 Euro, 200 Euro und 500 Euro.

Der Erwerb von Geschenkgutscheine lohnt sich nur dann, wenn diese mit einem deutlichen Abschlag zum Nennwert verkauft werden. Derartige Abschläge gab es z.B. in der Vorweihnachtszeit des Jahres 2008, als bestimmte Geschäfte beim Erwerb von Geschenkgutscheinen einen Nachlass bis zu 20 Prozent auf den Nennwert eingeräumt hatten. Unter diesem Aspekt lohnt es sich dann gegebenenfalls auch, sich selbst einen Gutschein mit einem derartigen Rabatt zu schenken.

Abschließend noch ein Hinweis zur rechtlichen Einordnung von privat ausgestellten Geschenkgutscheinen. Hier ist nämlich die rechtliche Beurteilung derartiger Gutscheine sowohl in der Rechtsprechung als auch in der juristischen Fachliteratur bisher völlig ungeklärt.

  • Naheliegend ist in diesem Zusammenhang eine Einordnung von privaten Gutscheinen als Schenkungsversprechen im Sinne von § 518 Abs. 1 BGB. Hiernach wären private Geschenkgutscheine generell unwirksam, weil das Gesetz hierfür nicht nur die Schriftform, sondern zusätzlich die notarielle Beurkundung verlangt. Im Streitfall hätte der Beschenkte somit keine Möglichkeit, sein Geschenk vom Schenker auch tatsächlich einzuklagen.

  • Man könnte Geschenkgutscheine aber auch als Schuldversprechen im Sinne von § 780 BGB ansehen. In diesem Fall würde die Schriftform ausreichen. Allerdings verlangt die BGH-Rechtsprechung hier ebenfalls zur Wirksamkeit eine notarielle Beurkundung, wenn das Schuldversprechen schenkweise erteilt wird.
Im Ergebnis erwirbt der Beschenkte bei privat ausgestellten Geschenkgutscheinen daher generell ohne notarielle Beurkundung keinen einklagbaren Anspruch auf Erfüllung. Dieser Formmangel wird allerdings durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt (§ 518 Abs. 2 BGB).



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