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Der Anspruch des Käufers auf Ersatz von Mängelbeseitigungskosten besteht auch ohne vorherige Fristsetzung


urbs-media, 17.8.2009: Nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuchs kann ein Käufer vom Verkäufer nur dann die Erstattung von Mängelbeseitigungskosten verlangen, wenn er den Verkäufer zuvor vergeblich eine Frist zur Reparatur gesetzt hat. Dies ergibt sich aus § 437 Abs. 1 Nr. 3 BGB in Zusammenhang mit § 281 Abs. 1 und § 323 Abs. 1 BGB. Allerdings ist diese sprachlich völlig verunglückte Paragrafenkette vielen Verbrauchern nicht bekannt. In der Praxis kommt es daher häufig vor, dass die Käufer zwar die Mängelbeseitigung verlangen, dem Verkäufer hierfür jedoch keine bestimmte Frist setzen. Viele Verkäufer nutzten diese Rechtslage dadurch aus, dass sie auf Mängelrügen und das Verlangen auf Mängelbeseitigung ohne konkrete Fristsetzung schlichtweg nicht reagieren. Wer dann als Kunde entnervt die Kaufsache anderweitig reparieren lässt, bleibt in diesen Fällen jedoch auf seinen Mängelbeseitigungskosten sitzen, weil er dem Verkäufer nicht wie vom Gesetz an versteckter Stelle in § 281 Abs. 1 BGB gefordert eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt hat.

Der Bundesgerichtshof hat diese verbraucherfeindliche Rechtslage jetzt teilweise abgemildert und entschieden, dass es für die erforderliche Fristsetzung im Sinne von § 281 BGB ausreicht, wenn der Käufer den Verkäufer auffordert, den Mangel "umgehend" zu beseitigen. Die Angabe eines bestimmten (End-) Termins oder Zeitraums für die Mängelbeseitigung ist für die Bestimmung einer angemessenen Frist daher nicht mehr zwingend erforderlich. Denn auch mit der Forderung nach "umgehender Mängelbeseitigung" wird dem Verkäufer nach Meinung des Bundesgerichtshofs eine zeitliche Grenze gesetzt, die aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalls bestimmbar ist.

Für die betroffen Bürger bedeutet das BGH-Urteil aber nicht, dass sie jetzt getrost jegliche Fristsetzung bei Mängelbeseitigungsverlangen vergessen sollten. Ganz im Gegenteil: Setzen sie störrischen Verkäufern bewusst kurze Fristen zur Mängelbeseitigung und kündigen sie zugleich im Falle des Fristablaufs an, die erforderlichen Reparaturarbeiten auf Kosten des Verkäufers von einem Fachbetrieb erledigen zu lassen. Und um den Druck zu erhöhen, sollten Sie dem Verkäufer ihre Forderungen schriftlich per Einschreiben zustellen lassen.

In der Praxis bringt eine möglicherweise zu kurz bemessene Frist dem Käufer auch keine Nachteile, weil eine zu kurze Frist lediglich dazu führt, dass eine angemessene Frist in Gang gesetzt wird. Durch die Fristsetzung zwingen Sie den Verkäufer also, ohne schuldhaftes Zögern (= unverzüglich) tätig zu werden. Meldet sich der Verkäufer dann nicht rechtzeitig bei Ihnen, können Sie einen anderen Unternehmer mit der Reparatur beauftragen.

Aber Vorsicht: Im Zweifelsfall wird der Verkäufer das Vorliegen eines Mangels leugnen. Und nach der erfolgreichen Reparatur können sie den inzwischen beseitigten Mangel nur noch schwer beweisen. Deshalb ist es wichtig, den mangelhaften Zustand der Kaufsache vor der Reparatur beweiskräftig zu dokumentieren. Und genau hier lauert in derartigen Fällen immer die Gefahr für den Käufer, der auf Kosten des Verkäufers eine Reparatur durch führen lässt.

Folglich hat der Bundesgerichtshof auch der Klage des Käufers nicht einfach stattgegeben, sondern den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dort muss jetzt geklärt werden, ob das verkaufte Fahrzeug tatsächlich die vom Kläger behaupteten Mängel aufwies und wer die Mängel zu vertreten hat. Beim Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) muss der Käufer nach Ablauf von sechs Monaten seit der Übergabe nämlich beweisen, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhanden war. Die gesetzliche Vermutung dahingehend, dass die Kaufsache bereits von Anfang an mangelhaft war, gilt nämlich nur während der ersten 6 Monate nach dem Kauf (§ 476 BGB).

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.8.2009 - VIII ZR 254/08)

urbs-media Praxistipp: Es war wirklich höchste Zeit, dass sich die Rechtsprechung bei der Fristsetzung endlich an der Verbraucherpraxis orientiert hat. Denn die völlig verkorkste Formulierung der Käuferrechte im BGB führt dazu, dass sich bisher zahlreiche Verkäufer bei der Gewährleistung stur stellen konnten, weil die formalen Voraussetzungen einer rechtlich wirksamen Fristsetzung mangels Rechtskenntnis der Verbraucher oft nicht erfüllt waren. Damit stellt das aktuelle BGH-Urteil eine wichtige und längst überfällige Reparatur eines sprachlich und systematisch verfehlten Gesetzes dar.

Der grundlegende Fehler im deutschen Kaufrecht liegt dabei nicht so sehr in der Ausgestaltung der Gewährleistungsrechte, sondern in der völlig wirren Art, wie der Gesetzgeber nach der Schuldrechtsreform am 1.1.2002 das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sprachlich verunstaltet und durch aberwitzige Verweise quer durch das BGB selbst für Juristen unübersichtlich gemacht hat. Vergleicht man z.B. das aktuelle deutsche BGB mit dem Zivilgesetzbuch (ZGB) der ehemaligen DDR, dann trennen diese beiden Gesetze Welten. Während dem Bürger der DDR damals schon ein Blick ins ZGB genügte, um die Rechtslage vollständig zu erfassen, müssen die Rechtssuchenden in der Bundesrepublik Kommentare und Erläuterungen zum BGB wälzen und wissen dann häufig immer noch nicht, was nun Recht ist und was nicht. Der (west)deutsche Gesetzgeber ist offensichtlich der deutschen Sprache nicht mächtig!



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