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Geschädigte bei einem Verkehrsunfall im EU-Ausland können am Heimatort klagen


urbs-media, 17.12.2007: Bei einem Verkehrsunfall im Ausland haben die Geschädigten oft erhebliche Probleme, ihre Schadensersatzansprüche gegen die gegnerische Haftpflichtversicherung durchzusetzen. Denn bisher mussten die Klagen in derartigen Fällen am Unfallort bzw. am Sitz der ausländischen Versicherung erhoben werden.

Diese Praxis ist innerhalb der europäischen Union nunmehr unzulässig. Denn der EuGH hat entschieden, dass die Geschädigten nach einem Unfall im EU-Ausland auch an ihrem Heimatort gegen die Versicherung des Unfallgegners klagen können. Rechtsgrundlage hierfür ist u.a. die Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.5.2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Dort wird festgelegt, dass ein Versicherungsnehmer die Möglichkeit hat, die Versicherung an seinem Wohnsitz zu verklagen, wenn das Versicherungsunternehmen seinen Geschäftssitz in der EU hat.

Der Europäische Gerichtshof begründet die Klagemöglichkeit vor dem Gericht des Heimatortes mit der besonderen Schutzwürdigkeit von Versicherungsnehmern. Hier bestimme das EU-Recht eindeutig, dass Prozesse gegen Versicherungsunternehmen mit Sitz in der EU auch am Wohnsitz des Versicherungsnehmers geführt werden können. Dieser Schutz sei auch auf andere Personen zu erweitern, die gegen eine Kfz-Haftpflichtversicherung klagen.

Ausgangspunkt der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs war der Unfall eines Autofahrers aus Deutschland in den Niederlanden am 28.12.2003. Weil die Schadensregulierung unzureichend und nur schleppend verlief, erhob der Geschädigte an seinem Wohnort in Aachen Klage vor dem Amtsgericht. Das Amtsgericht wies die Klage als unzulässig ab, weil sich die Aachener Richter nicht für zuständig hielten. Die Berufung des Klägers vor dem Oberlandesgericht Köln endete mit einem Zwischenurteil, wonach derartige Prozesse gegen Versicherungen mit Sitz im EU-Ausland auch am Wohnsitz des Geschädigten durchgeführt werden können. Gegen dieses Zwischenurteil legte die beklagte Versicherung aus Holland Revision zum Bundesgerichtshof ein, der seinerseits die Frage der nationalen Zuständigkeit dem EuGH zur Entscheidung vorlegte.

(Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 13.12.2007 - C-463/06)

urbs-media Praxistipp: Das EuGH-Urteil bestätigt in erster Linie das Recht, bei Verkehrsunfäallen Ansprüche gegen die gegnerische Haftpflichtversicherung auch am eigenen Wohnort geltend zu machen. Voraussetzung ist, dass sich der Sitz der beklagten Versicherung im Gebiet der europäischen Union befindet. Dann ist es auch unerheblich, ob sich der Unfall im Gebiet der EU ereignet hat. Daher kann z.B. auch bei einem von einem Franzosen in der Türkei verschuldeten Verkehrsunfall ein Geschädigter aus Deutschland seinen Schaden gegen die französische Versicherung an seinem Wohnsitz in Deutschland einklagen.

Nicht ganz klar ist, ob der Gerichtsstand am Heimatort des Geschädigten bei allen Klagen gegen Versicherungsunternehmen gilt oder nur ausnahmsweise bei Verkehrsunfällen. Hier liest man in der Presse häufig, das Urteil gelte für alle Versicherungsschäden. Diese Aussage ist nach Meinung der urbs-media Redaktion jedoch nicht zwingend: Der Europäische Gerichtshof spricht in seiner Urteilsbegründung nämlich mehrfach davon, dass der Geschädigte einen Direktanspruch gegen die gegnerische Versicherung habe.

Einen derartigen gesetzlich festgelegten unmittelbaren Direktanspruch des Geschädigten gibt es im Regelfall aber nur im Bereich der Pflichtversicherungen, also z.B. bei der Kfz-Haftpflicht. Bei sonstigen Versicherungen (z.B. Privathaftpflicht) muss der Geschädigte dagegen im Regelfall den Schädiger persönlich verklagen. Nach der Methodik des EuGH scheidet ein generelles Klagerecht am Wohnsitz des Geschädigten für alle Versicherungsschäden daher aus und das Urteil gilt zunächst nur im Bereich der Kfz-Haftpflicht. Es lässt sich in diesem Zusammenhang allenfalls vertreten, dass ein Klagerecht am Heimatort auch bei Unfällen mit Schienenfahrzeugen und Flugzeugen besteht, wenn der Geschädigte seine Ansprüche unmittelbar gegenüber der Versicherungsgesellschaft geltend macht.



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