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Das Bundesverfassungsgericht stärkt die Besitzer von argentinischen Staatsanleihen


urbs-media, 16.7.2007: Anfang des Jahres 2002 erklärte sich die Regierung von Argentinien kurzerhand für zahlungsunfähig und verweigerte fortan die Begleichung von argentinischen Staatsanleihen. In der Folgezeit wurden die Anleger dann vor die Wahl gestellt, sich entweder mit einer Rückzahlung von 25 Prozent des Anlagebetrags abfinden zu lassen oder einen Totalverlust zu erleiden.

Insgesamt waren von dem argentinischen Zahlungsboykott in Deutschland die Sparer mit einer Anleihensumme von ca. 5,6 Mrd. Dollar betroffen; weltweit wird der Schaden durch den von Argentinien angemeldeten "Staatsbankrott" auf knapp 140 Mrd. US-Dollar geschätzt.

Zahlreiche Anleger, die sich von der argentinischen Regierung nicht mit einem Viertel ihres Anlage-Kapitals abspeisen wollten, haben in den Folgejahren vor deutschen Gerichten Klage gegen Argentinien erhoben. In mehreren Verfahren hat das Amtsgericht dem Bundesverfassungsgericht dann die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob es dem Völkerrecht entspricht, dass sich Staaten (wie von Argentinien vorgebracht) gegenüber privaten Zeichnern von Staatsanleihen auf einen Staatsnotstand berufen und die Rückzahlung fälliger Anleihen und Zinszahlungen verweigern können.

Das Bundesverfassungsgericht hat diese Frage zumindest für Gläubiger mit Wohnsitz in Deutschland verneint. Der Staatsnotstand sei zwar völkerrechtlich anerkannt, dieser Rechtfertigungsgrund gelte aber nur zwischen einzelnen Staaten und nicht zwischen Staaten und privaten Gläubigern. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts kam daher zu dem Ergebnis, dass keine allgemeine Regel des Völkerrechts feststellbar ist, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand ganz oder zeitweise zu verweigern.

(Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 8.5.2007 - 2 BvM 1-5/03; 2 BvM 1/06; 2 BvM 2/06)

urbs-media Praxistipp: Die Entscheidung aus Karlsruhe bedeutet zunächst, dass die in Deutschland gegen Argentinien anhängigen Verfahren nunmehr zügig weiterbetrieben werden können und einer Verurteilung zur Zahlung keine Hindernisse mehr im Wege stehen. Allerdings ist zu beachten, dass auch rechtskräftige Urteile deutscher Gerichte nur sehr schwer zu vollstrecken sind, da sie in Argentinien nicht anerkannt werden. Es bleibt den geschädigten Anleihebesitzern daher nur, nach argentinischem Staatsvermögen im Ausland zu forschen und dort eine Vollstreckung zu versuchen. Wirklich lohnende Vollstreckungsobjekte (nämlich die argentinischen Botschaften und Konsulate) sind jedoch qua Völkerrecht einer Vollstreckung entzogen. Die meisten Geschädigten profitieren daher in der Praxis nicht von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, da für entsprechende Urteile gegen Argentinien mangels erfolgreicher Vollstreckungsmöglichkeiten der Grundsatz "außer Spesen nichts gewesen" gilt.

Der einige Lichtblick für die Geschädigten ist daher, dass es inzwischen schon einige erfolgreiche Schadensersatzklagen gegen deutsche Kreditinstitute gibt, die ihren Kunden bedenkenlos argentinische Staatsanleihen empfohlen haben, und das noch zu einem Zeitpunkt, als es für Finanzexperten längst absehbar war, dass es sich hierbei um eine höchst unsichere Anlage handelt. Im Archiv von urbs-media finden Sie einen ausführlichen Beitrag über die Haftung von Banken und Sparkassen im Zusammenhang mit dem Verkauf von argentinischen Staatsanleihen.

Betroffene können sich der BSZ e.V. Anlegerschutzgemeinschaft "Argentinien-Anleihe" anschließen.

BSZ Bund für soziales und ziviles Rechtsbewußtsein e.V.
Groß-Zimmerner-Straße 36 a
64807 Dieburg

Der BSZ arbeitet eng mit der Anwaltskanzlei Dr. Rohde & Späth zusammen, die z.B. vor dem Landgericht Frankfurt einen Anleger vertritt, der durch Argentinien-Anleihen 76.000 Euro verloren hat.



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