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Kreditinstitute haften für Beratungsfehler beim Kauf von Argentinien-Anleihen


urbs-media, 17.5.2004: Bis ins Jahr 2001 galten Staatsanleihen aus Argentinien bei vielen deutschen Kreditinstituten als Geheimtipp: Mit angeblich sicheren Zinsen von über 8 Prozent wurden derartige Papiere von den Anlageberatern vieler Banken und Sparkassen auch solchen Kunden "ins Depot gedrückt", die eigentlich nur eine solide Kapitalanlage suchten und mit "Zocken an der Börse" nichts im Sinn hatten. Dabei verschwiegen die Mitarbeiter der Banken und Sparkassen ihren Kunden im Regelfall, dass Anleihen aus Argentinien nur deshalb mit vergleichsweise hohen Zinsen ausgestattet waren, weil das Land in internationalen Finanzkreisen praktisch als bankrott galt. Allein in Deutschland sollen derartige Anleihen im Wert von über 6 Mrd. Euro verkauft worden sein, ein großer Teil davon an Kleinanleger.

Die Situation der Inhaber von Argentinien-Anleihen stellt sich gegenwärtig recht trostlos dar: Mit einem Kurs von etwa 20 Prozent des ursprünglichen Nennwertes werden die entsprechenden Papiere an der Börse gehandelt und bei den anstehenden Verhandlungen zwischen Argentinien und den Gläubigerbanken deutet alles auf einen Forderungsverzicht in der Größenordnung von 75 bis 90 Prozent hin. Mit anderen Worten: Die Inhaber von Staatsanleihen aus Argentinien erhalten voraussichtlich für gezahlte 100 Euro maximal 25 Euro zurück und auf die versprochenen hohen Zinsen müssen sie auch verzichten.

Inzwischen gibt es auch erste Urteile in Verfahren gegen Banken und Sparkassen, die ihren Kunden damals Argentinien-Anleihen ohne ausreichende Beratung über die speziellen Risiken empfohlen hatten. So haben z.B. das Landgericht Münster (Urteil vom 1.7.2003 - 14 O 17/03) und das Landgericht Frankfurt a.M. (Urteil vom 14.3.2003 - 2-21 O 294/02) entschieden, dass Anleger einen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn Sie vor dem Kauf nicht ausreichend über die enormen Risiken derartiger Anleihen aus Argentinien informiert wurden.

Gegenwärtig stellt sich die Situation nach Auskunft von Rechtsanwälten sogar so dar, dass einige Banken und Sparkassen für sie negative Urteile vermeiden wollen und entweder einen Vergleich anbieten oder einem Anerkenntnisurteil zustimmen, wie jüngst im Falle der Sparkasse Neuss, die sich nach Angaben der WZ vom 13.5.2004 verpflichtet hat, den Klägern 15.000 Euro als Schadensersatz für die Verluste aus dem Erwerb von Argentinien-Anleihen zu zahlen (LG Düsseldorf, Urteil vom 5.5.2004 - 8 O 38/03).

Hintergrund des Anerkenntnisurteils war vermutlich ein Gutachten des Wertpapier-Sachverständigen bei der IHK Pfalz Wolfram Seewald, der nachweisen konnte, dass Argentinien-Anleihen spätestens seit dem 28.3.2001 an konservative Anleger ohne besondere Risikoaufklärung nicht mehr verkauft werden durften, da ab diesem Zeitpunkt das Risiko eines Totalverlustes nicht mehr auszuschließen war.

urbs-media Praxistipp: Die Verjährungsfrist für der artigeSchadensersatzansprüche beträgt nach § 37a des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) allerdings nur drei Jahre, wobei die Frist mit dem Zeitpunkt des Kaufs der entsprechenden Papiere beginnt. Hiernach wäre für viele "Argentinien-Geschädigte" die Verjährungsfrist inzwischen bereits abgelaufen. In diesem Zusammenhang weist der Hamburger Rechtsanwalt Peter Hahn in einer Pressemitteilung jedoch darauf hin, dass sich der Ablauf der Verjährungsfrist in vielen Fällen auch verzögern könnte: Dies sei insbesondere immer dann der Fall, wenn sich Kunden später unter dem Eindruck des Wertverfalls von argentinischen Staatsanleihen bei ihrem Kreditinstitut erkundigt haben, wie sie auf die argentinische Finanzkrise reagieren sollen. Wenn hier die Anlageberater z.B. empfohlen haben, die Papiere weiterhin zu halten, dann liege in diesem Verhalten eine eigenständige Pflichtverletzung, deren ebenfalls dreijährige Verjährungsfrist erst später abläuft.

Diese Argumentation ist unserer Meinung nach schlüssig und könnte den Geschädigten helfen, zumindest einen Teil ihres Schadens bei den Kreditinstituten zu liquidieren. Bei einem Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Beratungsvertrags ist aber zu beachten, dass der von den Kreditinstituten zu ersetzende Schaden dann nur noch den Betrag umfasst, um den der Wert der Argentinien-Anleihen nach der falschen Empfehlung zusätzlich gefallen ist. Außerdem müssen die Kunden in einem derartigen Fall beweisen, dass sie ihr Kreditinstitut im Rat gefragt und eine objektiv falsche Auskunft erhalten haben.



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