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Die Pläne der Bundesregierung zur Neuregelung des Insolvenzverfahrens für Verbraucher


urbs-media, 6.8.2012: In unserem Update vom 16.4.2012 hatten wir an dieser Stelle darüber berichtet, dass die Bundesregierung entsprechend dem Koalitionsvertrag von CDU / CSU und FDP verschiedene Änderungen bei den so genannten Privatinsolvenzen plant. Eine für die Schuldner wichtige Neuregelung wird dabei auf Seite 35 des insgesamt 132-seitigen Koalitionsvertrags genannt: "Wir wollen Gründern nach einem Fehlstart eine zweite Chance eröffnen. Dazu wird die Zeit der Restschuldbefreiung auf drei Jahre halbiert."

Auch wenn damals im Koalitionsvertrag nur von "gescheiterten Selbständigen" die Rede war, so gingen Beobachter doch allgemein davon aus, dass diese Verkürzung der Wohlverhaltensphase für die Restschuldbefreiung von bisher sechs auf künftig drei Jahre für alle Privatinsolvenzen gelten sollte. Denn eine Beschränkung auf ehemalige Selbständige hätte eklatant dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes (Art. 3 GG) widersprochen.

Was das Justizministerium nun in seinen am 18.7.2012 veröffentlichten Entwurf für ein "Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte" geschrieben hat, stimmt mit der im Koalitionsvertrag enthaltenen Absichtserklärung so gar nicht überein.

Denn im Grundsatz soll es auch künftig bei der bisherigen Sechs-Jahres-Frist für die Restschuldbefreiung bleiben. Dies bedeutet in der Praxis, dass der Schuldner während der so genannten Wohlverhaltensphase von 6 Jahren alle pfändbaren Einnahmen an seine Gläubiger abführen und jede zumutbare Gelegenheit zur Erzielung von Einkünften nutzen muss.

Es gibt in dem Gesetzentwurf allerdings zwei Möglichkeiten, die Zeitdauer bis zur Restschuldbefreiung auf drei bzw. fünf Jahre zu verkürzen( § 300 InSO):

  • Wenn der Schuldner innerhalb der ersten drei Jahre des Insolvenzverfahrens mindestens ein Viertel der Gläubigerforderungen befriedigt und zusätzlich die Verfahrenskosten bezahlt, dann soll die Restschuldbefreiung bereits nach drei Jahren eintreten.

  • Wenn der Schuldner zumindest die Verfahrenskosten beglichen hat, soll die Restschuldbefreiung bereits nach fünf Jahren eintreten.

Es soll somit keine generelle Verkürzung des Verbraucherinsolvenzverfahrens geben und der vorliegende Gesetzentwurf bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück, die durch den Koalitionsvertrag geweckt wurden.

urbs-media Praxistipp: Im abgelaufenen Jahr 2011 gab es in der Bundesrepublik mehr als 120.000 Insolvenzverfahren von natürlichen Personen, davon über 100.000 Privatinsolvenzen und 20.000 Insolvenzverfahren von ehemals Selbständigen.

Die Zahl der Privatinsolvenzen ist damit im Vergleich zum Jahr 2010 um gut 5,1 Prozent gesunken. Hieraus aber einen positiven Trend zu unterstellen und wie die Bundesregierung von "Aufschwung" zu faseln, verkennt aber die Ursachen für den Rückgang der Privatinsolvenzen. Denn seit der im Koalitionsvertrag angekündigten Halbierung des Zeitraums bis zur Restschuldbefreiung auf drei Jahre haben die meisten Schuldnerberater den Betroffenen geraten, mit der Antragstellung nach Möglichkeit bis zum Inkrafttreten der Neuregelung zu warten. Es gibt folglich eine große Anzahl überschuldeter Personen, die aus taktischen Gründen bisher noch keinen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens gestellt haben.

Und dieser Ratschlag (über den wir z.B. im April 2012 berichtet hatten) war durchaus richtig. Denn nach Art. 7 des vorliegenden Gesetzentwurfs sollen nur diejenigen Schuldner in den Genuss der verkürzten Wohlverhaltensfristen von drei bzw. fünf Jahren kommen, deren Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens nach dem Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung gestellt wurde.

Deshalb ist unter Zugrundelegung der geplanten Neuregelungen folgender Vorgehensweise sinnvoll:

  • Wer innerhalb der jetzt geltenden Wohlverhaltensperiode von sechs Jahren keine Möglichkeit sieht, zumindest die Verfahrenskosten zu begleichen, der kann getrost auch unter der bisherigen Rechtslage einen Insolvenzantrag stellen.

  • Wer jedoch darauf hoffen kann, innerhalb von drei Jahren zumindest 25 Prozent seiner Schulden abtragen und zusätzlich die Verfahrenskosten tragen zu können, der sollte mit dem Insolvenzantrag unbedingt warten, bis das geänderte Verbraucherinsolvenzrecht in Kraft getreten ist. Denn dann verkürzt sich die Frist für die Restschuldbefreiung von sechs auf drei Jahre. Mit dem Insolvenzantrag bis zur gesetzlichen Neuregelung warten sollten schließlich auch diejenigen Schuldner, die durch die Zahlung der Verfahrenskosten zumindest die Verkürzung der Frist bis zur Restschuldbefreiung auf fünf Jahre erreichen können.
Wir vermuten, dass die Neuregelungen bei den Privatinsolvenzen zum 1.1.2013 in Kraft treten. Und dann wird sich die Zahl der Anträge bei den Verbraucherinsolvenzen sprunghaft erhöhen!



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