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Neue gesetzliche Vollstreckungs-Möglichkeiten gegen Mietnomaden


urbs-media, 11.2.2013: Das deutsche Mietrecht ist extrem vermieterfeindlich, was Räumungsklagen gegen säumige Mieter angeht. Diese juristische Schieflage wird von Tausenden sogenannten Mietnomaden dergestalt ausgenutzt, dass sie eine Wohnung oder noch besser ein Haus bereits mit dem festen Vorsatz anmieten, dort auf möglichst lange Zeit ohne Mietzahlungen zu verbleiben. Experten gehen davon aus, dass aktuell in Deutschland etwa 15.000 dieser Einmietbetrüger aktiv sind und bis zur Zwangsräumung häufig Mietschulden in der Größenordnung bis zu 20.000 Euro aufgelaufen sind. Rein statistisch betrachtet entfallen jährlich etwa 0,5 Prozent aller neuen Mietverhältnisse auf derartige "gewerbsmäßige Mietbetrüger".

Um hier zumindest bei der Räumungsvollstreckung Kosten zu sparen, hat die Rechtspraxis ein spezielles Verfahren entwickelt, dass unter dem Begriff "Berliner Räumung" bekannt wurde. Diese kostensparende Vollstreckung von Räumungsurteilen hat der Gesetzgeber jetzt durch das jüngste Mietrechtsänderungsgesetz auch formell legalisiert. Diese Neuregelungen treten nach der Verkündigung der Gesetzesänderungen im Bundesgesetzblatt vermutlich Anfang April oder Anfang Mai 2013 in Kraft.

Kosten, Kosten, Kosten ...

Selbst für diejenigen Vermieter, die nach teilweise jahrelangen Gerichtsverfahren endlich einen vollstreckbaren Räumungstitel in Händen halten und mit dem Gerichtsvollzieher und eventuell sogar mit Hilfe eines Schlüsseldienstes wieder Zutritt zu ihrer Wohnung erhalten, ist das finanzielle Martyrium oft noch lange nicht zu ende. Denn viele Mieter verlassen zwar kurz vor der Zwangsvollstreckung fluchtartig die Räumlichkeiten, lassen jedoch oft ihre persönlichen Gegenstände zurück. Und genau da beginnt für die geprellten Vermieter Teil zwei der Leidensgeschichte und die Betroffenen können heilfroh sein, wenn die Mietnomaden z.B. nicht noch Fußböden herausgerissen, Türen entwendet oder die Installation herausgerissen haben.

Denn nach der geltenden Rechtspraxis muss der Vermieter dann den Gerichtsvollzieher damit beauftragen, die persönlichen Gegenstände des Mietnomaden durch eine Spedition abtransportieren und Einlagern zu lassen. Und hierfür muss der geprellte Vermieter erneut tief in die ohnehin schon arg gebeutelte Kasse greifen. Denn der Abtransport und die Einlagerung des Mieterinventars für mindestens zwei Monate gehen zu Lasten des Vermieters und können sich leicht auf mehrere tausend Euro summieren, wenn sich der flüchtige Mieter wie allgemein üblich nicht mehr um seine Hinterlassenschaften kümmert.

Die Berliner Räumung

In der Praxis haben findige Anwälte daher versucht, die für die Vermieter missliche Situation zumindest teilweise zu verbessern. Und weil es offenbar in Berlin besonders viele Zwangsräumungen gegen säumige Mieter gibt, hat sich hierfür der Begriff "Berliner Räumung" eingebürgert.

Nach dem Erlass des Räumungsurteils teilt der Vermieter dem Mieter schriftlich mit, dass er hinsichtlich der vom Gericht festgestellten Mietrückstände sein gesetzliches Vermieter-Pfandrecht geltend macht (§ 562 BGB). Dieses Pfandrecht des Vermieters erstreckt sich auf alle pfändbaren Gegenstände, die während der Mietzeit in die gemieteten Räumlichkeiten verbracht wurden. Zugunsten des Vermieters gilt in diesem Zusammenhang die gesetzliche Vermutung, dass sich sämtliche in der Wohnung befindlichen Gegenstände im Eigentum des Mieters befinden (§ 1006 BGB).

Vermieterpfandrecht vermeidet unnötige Vollstreckungskosten

Bei der anschließenden Vollstreckung des Räumungsurteils beschränkt der Vermieter dann seinen Auftrag an den Gerichtsvollzieher auf die Herausgabe der Wohnung nach § 885 Abs. 1 der Zivilprozessordnung. Dies geschieht im Regelfall dadurch, dass ein Schlüsseldienst im Beisein des Gerichtsvollziehers die Wohnung öffnet und ein neues Schloss einbaut. Der Gerichtsvollzieher verweist dann den sämigen Mieter aus der Wohnung und übergibt die neuen Schlüssel an den Vermieter.

Für das in der Wohnung aufgrund des Vermieterpfandrechts verbleibende Inventar und die sonstigen Hinterlassenschaften des Mieters ist dann der Vermieter verantwortlich. Dessen Rechte und Pflichten hinsichtlich der Pfandsachen ergeben sich aus § 1215 und § 1257 BGB, die auf die Regelungen für gesetzliche Pfandrechte verweisen. Dementsprechend ist der Mieter zur Aufbewahrung und gegebenenfalls Verwertung der Pfandsachen verpflichtet, wenn sich der Mieter nicht mehr um "seine Hinterlassenschaft" kümmert.

Berliner Räumung bald auch gesetzlich legalisiert

Durch das am 1.2.2013 vom Bundesrat genehmigte Mietrechtsreformgesetz wird die "Berliner Räumung" nunmehr in einem neuen Paragrafen 885 a der Zivilprozessordnung (ZPO) gesetzlich geregelt:

§ 885 a ZPO (Beschränkter Vollstreckungsauftrag)

(1) Der Vollstreckungsauftrag kann auf die Maßnahmen nach § 885 Absatz 1 beschränkt werden.

(2) Der Gerichtsvollzieher hat in dem Protokoll (§ 762) die frei ersichtlichen beweglichen Sachen zu dokumentieren, die er bei der Vornahme der Vollstreckungshandlung vorfindet. Er kann bei der Dokumentation Bildaufnahmen in elektronischer Form herstellen.

(3) Der Gläubiger kann bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, jederzeit wegschaffen und hat sie zu verwahren. Bewegliche Sachen, an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht, kann er jederzeit vernichten. Der Gläubiger hat hinsichtlich der Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.

(4) Fordert der Schuldner die Sachen beim Gläubiger nicht binnen einer Frist von einem Monat nach der Einweisung des Gläubigers in den Besitz ab, kann der Gläubiger die Sachen verwerten. Die §§ 372 bis 380, 382, 383 und 385 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden. Eine Androhung der Versteigerung findet nicht statt. Sachen, die nicht verwertet werden können, sollen vernichtet werden.

(5) Mit der Mitteilung des Räumungstermins weist der Gerichtsvollzieher den Gläubiger und den Schuldner auf die Bestimmungen der Absätze 2 bis 4 hin.

(6) Die Kosten nach den Absätzen 3 und 4 gelten als Kosten der Zwangsvollstreckung.

Die Neuregelung tritt vermutlich Anfang April oder Anfang Mai 2013 in Kraft und gibt den Vermietern insoweit endlich Rechtssicherheit.

urbs-media Praxistipp: Mit dem Inkrafttreten des Mietrechtsänderungsgesetzes wird die Rechtsstellung von Vermietern gegenüber "berufsmäßigen" Mietnomaden auch hinsichtlich der während des gerichtlichen Verfahrens auflaufenden Mietrückständen verbessert. Denn bisher waren die säumigen Mieter überwiegend daran interessiert, das Verfahren möglichtst lange herauszuzögern, weil sie in der Zwischenzeit mietfrei in der Wohnung bleiben konnten und eine anschließende Zwangsvollstreckung regelmäßig an der Vermögenslosigkeit der Mietschuldner scheitert.

Künftig kann das Amtsgericht auf Antrag des Vermieters in derartigen Fällen den beklagten Mieter verpflichten, die entsprechende Miete beim Gericht als Sicherheit zu hinterlegen. Dieser Anspruch des Gläubigers auf Erlass einer gerichtlichen Sicherheitsanordnung nach dem neuen Paragrafen 283 a der Zivilprozessordnung (ZPO) gilt dabei nicht nur für Räumungsklagen, sondern generell bei allen Zahlungsklagen, bei denen im Laufe des Verfahrens weitere Geldforderungen fällig werden.

Voraussetzung für den Erlass einer derartigen Sicherungsanordnung ist, dass

  • die Klage auf diese Forderungen hohe Aussicht auf Erfolg hat und
  • die Anordnung nach Abwägung der beiderseitigen Interessen zur Abwendung besonderer Nachteile für den Kläger gerechtfertigt ist.
Hinsichtlich der abzuwägenden Interessen genügt deren Glaubhaftmachung, also z.B. eine eidesstattliche Versicherung des Vermieters.

Außerdem sind Räumungssachen von den Gerichten künftig vorrangig zu bearbeiten. Verhandlungen sind daher vorrangig zu terminieren und die Fristen zur Stellungnahme für die Parteien sind auf das unbedingt Notwendige zu reduzieren.



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