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Sexismus in Deutschland: Eine juristische und politische Bestandsaufnahme


urbs-media, 28.1.2013: Der Vorwurf von sexuell inkorrektem Verhalten kann ganze Karrieren zerstören und führt nicht selten zu medienwirksam inszenierten Gerichtsverfahren. Dies gilt nicht nur für Prominente, sondern kann grundsätzlich Jedermann treffen. Insbesondere in den letzten Monaten nimmt das Thema "Sexismus" in den Medien einen immer breiteren Raum ein. Der Schwerpunkt dieser Diskussion verlagert sich dabei immer mehr weg von den greifbaren juristischen Fakten hin zu einer politisch gefärbten Kampagne-Berichterstattung.

Sexismus und Arbeitsrecht

Sexuell anzügliche Bemerkungen gegenüber Arbeitskolleginnen stellen einen Grund für eine fristlose Kündigung dar. Dies hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf erst kürzlich wieder in einem Urteil bestätigt. Das Gericht spricht in seiner Pressemitteilung aber leider nur sehr allgemein von "sexuell grenzüberschreitende Äußerungen". Und auch mehr als 10 Monate nach dem Urteil ist auf der Homepage des Gerichts das vollständige Urteil nicht veröffentlicht. Es bleiben daher nur Spekulationen, was im Urteilsfall tatsächlich vorgefallen war und warum eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung von den Richtern am Landesarbeitsgericht Düsseldorf für rechtmäßig erklärt wurde (LAG Düsseldorf, Urteil vom 8.3.2012 - 5 Sa 684/11).

Dass ein rüder Umgangston am Arbeitsplatz aber nicht generell zu einer fristlosen Kündigung führen muss, zeigt ein etwas älteres Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz zeigt: Ein Arbeitnehmer hatte sich gegenüber einer jungen Kollegin u.a. wie folgt geäußert: "Wenn ich ein paar Jahre jünger wäre, würde ich dich nehmen und dann würden Dir die Äpfelchen rausfallen". Die fristlose Kündigung war in diesem Fall nach Auffassung der LAG-Richter unwirksam, weil im Unternehmen generell ein "lockerer Umgangston" herrschte und in der Werkstatt mit Billigung des Arbeitgebers ein Pin-Up-Kalender hing (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11.3.2009 - 7 Sa 235/08).

Einen besonders kurioser Fall einer "sexuell motivierten" Kündigung gab es bei der HSH-Nordbank. Einem leitenden Mitarbeiter im US-Büro waren von einer deutschen Sicherheitsfirma Kinderpornos auf den Dienstrechner geschmuggelt wurden. Der so konstruierte Vorwurf der "Kinderschändung" sollte dem Arbeitgeber dazu dienen, den betroffenen Mitarbeiter still und leise ohne Abfindung zu entsorgen.

Sexismus und Zivilrecht

Sexistische "Angriffe" können dem Opfer auch einen Anspruch auf Schmerzensgeld (§ 253 BGB) geben. So kostete den Stern die Bemerkung in seiner Ausgabe vom Juni 1960, die damalige SFB-Fernsehansagerin Dagmar Berghoff "sehe aus wie eine ausgemolkene Ziege, bei deren Anblick den Zuschauern die Milch sauer werde" unter dem Strich 10.000 DM Schmerzensgeld (BGH, Urteil vom 5.3.1963 - VI ZR 55/62).

Sexismus und Strafrecht

Hin und wieder führen "sexistische Äußerungen" auch zu einem Strafverfahren wegen Beleidigung (§ 185 StGB). Unter Beleidigung versteht das deutsche Strafrecht dabei die Kundgabe der Miss- oder Nichtachtung durch unwahre Tatsachenbehauptungen oder herabsetzende Werturteile. Derartige Beleidigungen werden mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Sexismus und Politik

In der Politik wird der Sexismusvorwurf wie auch in der Wirtschaft oft als ultimative Waffe eingesetzt. Denn wenn dem Gegner die Argumente fehlen, der Sexismus-Vorwurf zieht immer. Das musste vor wenigen Tagen auch der FDP-Fraktionschef Brüderle erfahren. Hier die ganze Geschichte des jüngsten Sexismusskandals: Nach einem Interview sprach Rainer Brüderle (Jahrgang 1945) noch mit der Stern-Reporterin Laura Himmelreich nach dem Dreikönigstreffen 2012 in der Hotelbar über das Münchener Oktoberfest. Brüderle: "Sie können ein Dirndel auch ausfüllen" Danach soll er nach Aussagen der Stern-Reporterin noch ihre Hand geküsst und sie um einen Tanz gebeten haben.

Entsetzlich, dieser Sexismus eines "greisen Lustmolchs". Folglich gibt es inzwischen eine knallharte Kampagne gegen den Verbalvergewaltiger. Von Entschuldigung bis Rücktritt reichen die Forderungen der angeekelten Öffentlichkeit. Und kaum jemand wagt sich die entscheidende Frage zu stellen: "Sind diese weiblichen und männlichen Berufsemanzen denn alle total bekloppt?"

Sexismus in der Berichterstattung

Mit Recht weisen die Wächter der Political Correctnes darauf hin, dass es den Brüderle-Sexskandal in Amerika nicht geben könnte: Dort herrscht nämlich inzwischen eine strikte Geschlechter-Apartheid: Lehrer oder Professoren dürfen sich mit einer Schülerin nicht allein in einem Raum aufhalten und ein Mann und eine Frau allein im Aufzug, das geht schon gar nicht.

Für Deutschland schlagen wir daher die traditionelle arabische Lösung vor: Alle Frauen tragen in der Öffentlichkeit ab sofort eine Burka und der Besuch von Gaststätten ist Frauen gesetzlich verboten. Nicht zu vergessen die strikte Geschlechtertrennung in öffentlichen Verkehrsmitteln, bei Sportveranstaltungen usw. Dann klappt es auch wieder mit dem Sex(ismus) und Männer können endlich wieder ohne Gefahr einen trinken, ohne in Gefahr zu laufen, dass sich der bei einigen Berufsemanzen seit dem Freispruch von Kachelmann angestaute Frust schlagartig über sie ergießt. Opferabo einmal andersherum - es lebe der deutsche Gottesstaat nach iranischem Vorbild!

Sexismusdiskussion verändert die Gesellschaft

Angeblich unkorrektes politisch oder gesellschaftliches Verhalten wird in Deutschland immer mehr als Waffe gegen unliebsame Mitbürger eingesetzt. Es muss dabei nicht immer so offensichtlich hinterhältig und gemein zugehen wie im Fall der HSH-Nordbank, der jetzt von der deutschen Staatsanwaltschaft untersucht wird und zu umfassenden Durchsuchungsaktionen bei der Sicherheitsfirma Prevent geführt hat. Da reicht wie bei Brüderle schon ein lächerlicher Beitrag in einer Boulevard-Zeitung, um in den Medien einen enormen Schitstorm loszutreten. Und das bei einem "Tathergang", der von einer damals ebenfalls anwesendenden Spiegel-Korrespondentin als völlig unverfänglich und harmlos dargestellt wird.

So hat der Schleswig-Holsteinische FDP-Chef Kubicki bereits angekündigt, Journalistinnen keine Interviews mehr zu geben. Und das trifft das Kernproblem der neuen moralisierenden deutschen Leitkultur: Wir bewegen uns strikt zurück in die Adenauerzeit mit ihren katholisch-moralisierenden Tabus. Man könnte fast glauben, es hätte die 68-Generation nie gegeben!



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