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Wie die Bürger in Deutschland mit dummen Sprüchen von den wirklichen Problemen abgelenkt werden sollen


urbs-media, 3.10.2005: Die Deutschen sind nicht nur Exportweltmeister, sondern auch Trübsal-Weltmeister. Denn in keinem Industrieland haben die Bürger weniger Vertrauen in die Zukunft als in Deutschland (Westdeutsche Zeitung vom 28.1.2005). Kein Wunder, bei etwa 5 Mio. Arbeitslosen, zehntausendfacher Arbeitsplatzverlagerung in osteuropäische Billiglohnländer, Rentenloch, Bildungsmisere und Ein-Euro-Jobs. Die schlechte Stimmung in Deutschland soll nunmehr durch eine breit angelegte Medienkampagne bekämpft werden, frei nach dem Motto: "Du sollst an Deutschlands Zukunft glauben, an Deines Volkes Auferstehen".

Wir sind Papst und Du bist Deutschland

Seit der Schlagzeile "Wir sind Papst" in der Bild-Zeitung anlässlich der Wahl von Kardinal Ratzinger zum Papst hätte es sprachlich eigentlich nicht mehr schlimmer kommen können. Doch wenn der Ruf erst einmal ruiniert ist, dann kann man ungeniert noch weit peinlichere Sprüche klopfen. Der Beweis: Die Kampagne "Du bist Deutschland" von 25 deutschen Medienunternehmen. In einer in der Bundesrepublik bisher nie da gewesenen "Gleichschaltung" der Fernsehprogramme wurden die Zuschauer am 26.9.2005 in einer zweiminütigen Werbeeinblendung zeitgleich auf ARD und ZDF sowie wenig später koordiniert bei den Privatsendern Sat.1, Pro7, Kabel 1, RTL, RTL2, Super-RTL, Vox sowie Premiere auf die geistig-moralische Wende vorbereitet.

Da gaben Prominente und weniger Prominente vor der Kamera Sprüche von sich wie z.B.: "Dein Wille ist wie Feuer unterm Hintern", "Wieso schwenkst Du Fahnen, während Schuhmacher seine Runden dreht?", "Gib nicht nur auf der Autobahn Gas", "Geh runter von der Bremse" oder "Du bist 82 Millionen". Gekrönt wurde das Manifest aber durch die Feststellung: "Ein Schmetterling kann einen Taifun auslösen". Jetzt wissen wir endlich, warum es in diesem Jahr in den USA bereits 17 Tropenstürme gab.

Gehirnwäsche für den Aufschwung

Die aktuelle Kampagne "Du bist Deutschland" ist im übrigen Teil einer großen Koalition von "Gesundbetern" aus Politik, Wirtschaft und Presse, die sich für eine koordinierte Attacke auf den gesunden Menschenverstand zusammengeschlossen hat. So arbeitet auch die Gruppe "Wir für Deutschland", die "Initiative für Deutschland", der "Bürgerkonvent", der "Konvent für Deutschland", die Bewegung "Reformpolitik Jetzt" und die "Initiative neue Soziale Marktwirtschaft" unermüdlich daran, einen Ruck durch Deutschland gehen zu lassen.

Eines haben dabei praktisch alle Protagonisten gemeinsam: Statt die wirtschaftlichen und politischen Probleme in diesem Land direkt anzusprechen, geht es immer nur um die geistig-moralische Wende bei der Bevölkerung, die für weitere Einschnitte (so genannte Reformen) weichgeklopft werden soll. Was nützt es aber volkswirtschaftlich betrachtet, wenn die Ein-Euro-Jobber fröhlich in die Hände spucken? Die deutsche Wirtschaft ist nämlich international gut aufgestellt, Probleme gibt es überwiegend nur bei der Binnennachfrage. Wenn da z.B. die VW-Belegschaft die Produktion des neun Geländewagens in Deutschland mit einem 20-prozentigen Lohnabschlag erkauft, so ist dies für den Wirtschaftsaufschwung genau das falsche Signal, weil sich die Binnennachfrage weiter abschwächen wird. Und der Stellenabbau bzw. die Stellenverlagerungen ins Ausland bei Mercedes, Siemens und Volkswagen usw. werden ebenfalls dazu beitragen, dass es mit Deutschland weiter bergab geht.

Mit Schwarz-Rot in eine noch düstere Zukunft

Nach der Bundestagswahl vom 18.9.2005 und der Nachwahl in Dresden am 2.10.2005 offenbart sich das deutsche Dilemma jetzt vollends: Die unter der Kanzlerkandidatin Merkel angetretene schwarz-gelbe Allianz hat mit 45 Prozent der Wählerstimmen das Ziel einer Regierungsübernahme deutlich verfehlt. So betrachtet hat Kanzler Schröder die Wahlen (beinahe) gewonnen, nur regieren kann er nicht, weil die ehemalige rot-grüne Mehrheit nicht mit den Schmuddelkindern von der Linkspartei reden will.

Was "Wir in Deutschland" jetzt vermutlich bekommen, ist eine große Koalition mit einer möglichen Kanzlerrotation. Das Ergebnis eines derartigen Bündnisses ist jedenfalls klar: Beide Parteien werden die für die Bürger jeweils schlechtesten Lösungen im Koalitionsvertrag zusammenschreiben und es gibt dann ein bisschen weniger Kündigungsschutz, ein bisschen mehr Umsatzsteuer, ein bisschen Kriegseinsatz der Bundeswehr am persischen Golf und ein bisschen Verschlechterung bei der Gesundheitsfürsorge sowie bei den Renten. Und wenn "Wir in Deutschland" Pech haben, dann hält ein derartiges Bündnis sogar vier Jahre bis zur nächsten regulären Bundestagswahl.

Die Presse in Deutschland versucht jetzt selbst Politik zu machen

Wenn angeblich unabhängige und überparteiliche Medien versuchen, durch ihre Berichterstattung bestimmte politische Konstellationen herbeizuschreiben oder herbeizureden, dann ist dieses Vorgehen entschieden zu verurteilen. Da wundert es auch nicht, dass Kanzler Schröder während der so genannten Elefantenrunde von ARD und ZDF am Abend des 18.9.2005 auf die wiederholten Provokationen der beiden Moderatoren so entschieden reagiert hat. Denn eines ist klar: Die Verhinderung einer schwarz-gelben Mehrheit bei der Bundestagswahl ist zu einem großen Teil der persönliche Erfolg von Kanzler Schröder. Dieses Wahlergebnis war im übrigen nur deshalb möglich, weil die Medien bei den Bürgern in Deutschland zunehmend an Einfluss verlieren. So betrachtet ist das aktuelle Wahlergebnis ein Sieg des mündigen Bürgers und ein Sieg der Demokratie. Um es mit den Worten des Bundeskanzlers auszudrücken: Diejenigen in den deutschen Massenmedien, die eine Regierungsmehrheit für Schwarz-Gelb herbeischreiben und herbeireden wollten, sind in der Tat "grandios gescheitert".

Das Problem mit vielen Journalistenkollegen ist, dass in Deutschland nicht mehr deutlich zwischen Fakten und der persönlichen Meinung des Autors unterschieden wird. Da vermengen sich Meldungen mit Wertungen, den Substantiven werden überflüssige Adjektive vorangestellt und mit dieser Gemengelage erzeugt man dann ganz bewusst Stimmungen. Warum muss z.B. bei Berichten über die Linkspartei in vielen Zeitungsberichten dauernd der Hinweis "SED-Nachfolgepartei" gebracht werden und warum müssen Lafontaine und Gysi regelmäßig als "Populisten" bezeichnet werden? Wenn man das Wahlergebnis anschaut, dann haben derartige Manipulationsversuche jedenfalls in den neuen Bundesländern keinen Erfolg gehabt: Die Linkspartei/PDS wurde dort trotz (oder gerade wegen) des medialen Störfeuers zur zweitstärksten Partei.

Ubi bene, ibi patria

Neben den sich verschlechternden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (z.B. steigende Energiekosten, drohende Umsatzsteuererhöhung, Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland, sinkende Kaufkraft der deutschen Bevölkerung) droht der Bundesrepublik jetzt noch eine Milliardenstrafe von Brüssel wegen der wiederholten Verstöße gegen den Euro-Stabilitätspakt. Experten sprechen in diesem Zusammenhang von einem Betrag von ca. 11 Mrd. Euro. Diese Summe wird hier zusätzlich zu dem ohnehin schon enormen Staatsdefizit für einen Wirtschaftsaufschwung fehlen. Und um das Ganze noch die Spitze aufzusetzen, scharrt die neugewählte Rechtsregierung in Polen bereits mit den Hufen und kündigt über 60 Jahre nach Kriegsende weitere Milliarden-Forderungen gegen Deutschland für Kriegsreparationen an. Mit anderen Worten: Deutschland steht schon aus diesen Gründen vor einer sich weiter beschleunigenden Abwärtsspirale, wenn der drohende erneute Abfluss von Staatsvermögen in Milliardenhöhe nicht schon im Ansatz unterbunden wird.

Es gäbe also weite Betätigungsfelder, in denen sich die Politiker für Deutschland wirklich nützlich machen könnten. Nach den bisherigen Erfahrungen sowohl mit CDU- als auch SPD-geführten Regierungen ist aber nicht damit zu rechnen, dass die neue Bundesregierung - insbesondere in der Form einer großen Koalition - tatsächlich die Lebensumstände der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland verbessern wird. Ganz im Gegenteil: Es drohen eindeutig weitere Verschlechterungen! Wir sollten uns daher mehr an Aristophanes halten. Dieser bedeutende Vertreter der griechische Komödie hat schon im Jahre 408 v.Ch. in seinem Werk "Der Reichtum" (Plutos) festgestellt: Ubi bene, ibi patria". Das bedeutet soviel wie "Wo es mir gut geht, da ist mein Vaterland". Basda!!

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