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Die Entparlamentarisierung der deutschen Politik


urbs-media, 5.4.2004: Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Mit dieser Regelung in Art. 38 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) wollte der Parlamentarische Rat im Jahre 1949 sicher stellen, dass sich der deutsche Bundestag nicht zu einer marionettenartigen Abstimmungs-Maschinerie nach dem Vorbild totalitärer Staaten entwickelt.

Die Abgeordneten als Statisten der Parteiführung

Wenn man jetzt nach mehr als 50 Jahren die politische Praxis in Deutschland betrachtet, dann ist von dem Ziel einer parlamentarischen Demokratie nicht mehr viel übrig geblieben. Statt individueller Entscheidungen der einzelnen Abgeordneten wird das Abstimmungsverhalten der Parlamentarier in der Fraktion vorgegeben und Abgeordnete, die sich eine eigene Meinung anmaßen, heißen dann z.B. im Sprachgebrauch eines Herrn Müntefering schlichtweg "Abweichler". Damit aber nicht genug: Kommissionen, Beraterfirmen und Fraktionszirkel bestimmen die wesentlichen Grundlagen der aktuellen Politik und nicht nur die Bürger, sondern auch die gewählten Abgeordneten werden vom Regierungsapparat immer mehr in die Rolle von Statisten gedrängt.

Kritik auch vom Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts

Die Diskrepanz zwischen dem Idealbild des Grundgesetzes und der Verfassungswirklichkeit bei der Stellung der Abgeordneten alarmiert inzwischen nicht nur Politikwissenschaftler, sondern auch führende Juristen in Deutschland. So beklagt sich z.B. der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier über die "Entparlamentarisierung der deutschen Politik" und die "Entmachtung des Bundestags" (Handelsblatt vom 16.9.2003). Anlass für diese "höchstrichterliche Kritik" an dem Regierungsstiel in Deutschland war vermutlich die Einsetzung der Hartz-Kommission und der Rürupp-Kommission, die vorbei am deutschen Bundestag im Auftrag des Kanzlers wichtige Vorentscheidungen bei der Arbeits-, Sozial-, Renten- und Gesundheitspolitik getroffen hatten.

Gewissensentscheidung gegen Fraktionszwang

Diese Fehlentwicklung hat ihre Ursache in dem vom Bundestag bei fast allen Abstimmungen praktizierten Fraktionszwang. Wenn die Abgeordneten aber wie in der politischen Praxis leider üblich nicht mehr nach ihrem eigenen Gewissen und ihrer eigenen Überzeugung, sondern nach den Vorgaben der Partei- und Fraktionsführung abstimmen, dann sind diese "Volksvertreter" eigentlich überflüssig. Und wenn es in den ganz wenigen Ausnahmefällen dann mal eine amtlich erlaubte Gewissensentscheidung im Bundestag gibt, dann handelt es sich um so unwesentliche Themen wie das Klonverbot. Da fragt man sich dann schon, warum eine mikroskopisch kleine Stammzelle zum Kernbereich des Gewissens eines Abgeordneten gehört, die Alterssicherung, die Gesundheitsvorsorge oder die Arbeitsplätze von Millionen Bürgern in Deutschland jedoch nicht.

Wozu brauchen wir 603 Abgeordnete im Bundestag?

Wenn wie festgestellt die persönliche Überzeugung und das Gewissen der Abgeordneten in der deutschen Politik praktisch keine Rolle mehr spielen, dann stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit von gegenwärtig 603 Abgeordneten im Berliner Bundestag. Denn diese "parlamentarische Vollversammlung" kostet den deutschen Steuerzahler gegenwärtig ca. 550 Mio. Euro pro Jahr oder umgerechnet ca. 850.000 Euro pro Abgeordneten. Für dieses Geld können die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland von ihren "Volksvertretern" eigentlich etwas mehr erwarten als blinden Gehorsam gegenüber der Fraktions- und Parteiführung.

Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus

Die Politik in Deutschland muss sich unbedingt wieder auf ihre grundgesetzliche Legitimation besinnen. Hierzu heißt es in Art. 20 Abs. 2 des Grundgesetzes: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus!" Dies bedeutet zwangsläufig, dass auch die Abgeordneten nur ihren Wählern verpflichtet sind. Die gegenwärtige Parteienherrschaft verstößt somit eindeutig gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung. Denn nach Art. 21 Abs. 1 GG wirken die Parteien zwar bei der politischen Willensbildung des Volkes mit, sie dürfen diese aber nicht einseitig dominieren. Insoweit ist in Deutschland gegenwärtig das Verhältnis zwischen Parteien und Bürgern im Gegensatz zur Werteordnung des Grundgesetzes praktisch auf den Kopf gestellt.

Erster Schritt zurück zur Demokratie: Direktwahl des Bundespräsidenten

Nach dem Possenspiel um die Nominierung eines Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten wäre es an der Zeit, die Politik hier schleunigst zu entmachten und eine Direktwahl durch das Volk einzuführen. In einem derartigen Fall würde der von der Opposition auf den Schild gehobene Horst Köhler vermutlich nicht einmal fünf Prozent der Wählerstimmen erhalten. Bei einer Direktwahl würde sich unserer Meinung nach die ehemalige Verfassungsrichterin Jutta Limbach gegen alle Widersacher mit deutlichem Vorsprung durchsetzen.

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