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Rechtliche Unsicherheiten beim Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen


urbs-media, 20.3.2006: Während der letzten Jahre hat sich in Deutschland ein florierender Markt für gebrauchte PC-Software entwickelt. So haben z.B. Konkursverwalter die Softwarelizenzen von insolventen Unternehmen veräußert oder Betriebe selbst haben nicht mehr benötigte PC-Programme zum Verkauf angeboten. Dieses Geschäft lief bisher ohne rechtliche Probleme, weil sich die Beteiligten hierbei auf ein Urteil des Bundesgerichtshof berufen konnten, wonach die Softwarehersteller den Weiterverkauf ihrer Produkte nicht verbieten dürfen, wenn der Ersterwerber die Nutzung endgültig einstellt (so genanntes OEM-Urteil vom 6.7.2000 - I ZR 244/97).

Das Landgericht München hat jetzt in einem aufsehenerregenden Entscheidung der Firma "Used Soft" den Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen untersagt. Im Urteilsfall ging es um Software der Firma Oracle, für die Oracle den Ersterwerbern lediglich einfache, nicht weiter abtretbare Nutzungsrechte eingeräumt hatte. Hinzu kam, dass Used Soft den Erwerbern nicht die vollständigen Programmdisketten oder CDs überließ, sondern die Erwerber aufforderte, sich die betreffende Software selbst zu kopieren oder von der Homepage des Softwareherstellers herunter zu laden.

Diese Form des Vertriebs von gebrauchten Computer-Programmen der Firma Oracle hat das Landgericht München jetzt ausdrücklich untersagt. Die für Urheberstreitsachen zuständige 7. Zivilkammer sah in dem von der Firma Used Soft praktizierten Verfahren einen unzulässigen Eingriff in das allein der Klägerin (der Firma Oracle) zustehende Vervielfältigungsrecht an ihrer Software. Denn die Beklagte (Used Soft) konnte ihren Kunden wegen der dinglich wirkenden Einschränkung in den Lizenzbestimmungen der Klägerin keine zur Vervielfältigung berechtigenden Lizenzen verschaffen. Auch der so genannte "Erschöpfungsgedanke", dass also ein einmal mit dem Willen des Rechtsinhabers in Verkehr gebrachtes Produkt grundsätzlich weiterveräußert werden darf, führt nach den Ausführungen des Landgerichts München zu keiner anderen Einschätzung, da nicht (z.B. auf CD-ROM) bereits von der Klägerin vervielfältigte Software weiterverbreitet wurde, sondern zur Herstellung neuer (nicht von der Klägerin autorisierter) Vervielfältigungen aufgefordert wurde.

(Landgericht München, Urteil vom 19.1.2006 - 7 O 23237/05)

urbs-media Praxistipp: Obwohl Used Soft gegen das Urteil des Landgerichts Berufung zum Oberlandesgericht München eingelegt hat (AZ beim OLG-München 6 U 1818/06), herrscht in der gesamten Branche große Rechtsunsicherheit. Denn betriebliche Softwarelizenzen stellen häufig einen enormen Vermögenswert dar, denn die Unternehmen gerne nutzen würden, wenn die entsprechenden Programme nicht mehr benötigt werden.

Die Rechtsunsicherheit wird noch dadurch zusätzlich geschürt, dass jetzt auch andere Softwarehersteller behaupten, der Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen ihrer Firma sei ebenfalls rechtswidrig. Inwieweit diese Aussage zutrifft, werden wohl künftig erst die Gerichte und abschließend der Bundesgerichtshof oder sogar der Europäische Gerichtshof entscheiden.

Die pauschale Auskunft, Computer-Programm dürften vom Ersterwerber nicht weiter veräußert werden, ist aber so nicht richtig. Hierbei muss vielmehr zwischen Softwarepaketen und Volumenlizenzen unterschieden werden.

  • Bei Softwarepaketen erhält der Nutzer ein vollständiges Softwareprodukt, meistens einen Datenträger mit der Software, das in der Regel nur auf einem PC genutzt werden darf. Hier ist der Weiterverkauf unserer Meinung nach uneingeschränkt zulässig. Dies gilt nach dem oben erwähnten OEM-Urteil des Bundesgerichtshofs (I ZR 244/97 vom 6.7.2000) auch dann, wenn der Softwarehersteller in seinen Lizenzbedingungen den Verkauf der Programme nur zusammen mit der Hardware erlaubt. Denn der BGH hat in diesem Zusammenhang eindeutig entschieden, das die Beschränkung des Nutzungsrechts auf bestimmte Hardware unzulässig ist.

  • Anders sieht die Rechtslage dagegen möglicherweise bei den so genannten Volumenlizenzen aus. Hier bekommt der Nutzer durch den Lizenzvertrag das Recht, ein Programm auf mehreren PCs zu nutzen. Wenn hier die gesamte Softwarelizenz einschließlich der Datenträger veräußert wird, sollte dies unserer Meinung nach ebenfalls juristisch kein Problem darstellen. Denn das Landgericht München hat in seinem Urteil nur den Verkauf ohne Datenträger verbunden mit der Aufforderung an die Erwerber, sich die notwendigen Programmdateien selbst zu beschaffen, untersagt.

    Wirklich problematisch ist in diesem Zusammenhang vermutlich nur die Aufspaltung von Volumenlizenzen, also z.B. wenn ein Unternehmen wegen einer Betriebsumstellung von den erworbenen 10 Softwarelizenzen das Programm nur noch an sechs Computern nutzern will und deshalb vier Lizenzen zum Kauf anbietet. In diesem Fall ist es in der Tat denkbar, dass die Rechtsprechung die Aufspaltung derartiger Lizenzen in einzelne Nutzungsrechte verbieten könnte, wenn die Lizenzbedingungen nur eine einheitliche Weitergabe erlauben. Dagegen dürfte ein vollständiges Verbot der Weiterveräußerung von Volumenlizenzen vermutlich unwirksam sein.

Wer hier kein Risiko eingehen will, der sollte beim Erwerb von gebrauchter Software darauf bestehen, dass er das vollständige Programm auf Original-Datenträgern erhält. Für die Lizenzinhaber von Software bedeutet der anhängige Rechtsstreit, dass Sie sich vom Hersteller nach Möglichkeit für jede Programmlizenz den entsprechenden Datenträger nachliefern lassen sollten. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass das Programm gegebenenfalls später auch ohne rechtliche Probleme weiter veräußert werden kann.



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