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Ab 1.1.2008 treten erhebliche steuerliche Verschlechterungen bei der Abschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern in Kraft


urbs-media, 3.12.2007: Nach gegenwärtigem Recht können geringwertige Wirtschaftsgüter sofort im Jahre der Anschaffung mit den vollen Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgeschrieben werden. Geringwertig in diesem Sinne sind bewegliche Wirtschaftsgüter bis zu einem Anschaffungs- oder Herstellungspreis von 410 Euro (netto). Einschließlich 19 Prozent Mehrwertsteuer liegt die Höchstgrenze für den steuerlichen Sofortabzug also bei 487,90 Euro. Typische geringwertige Wirtschaftsgüter sind z.B. Einrichtungsgegenstände für das Büro, (Schreibtische, Schreibtischstühle, Bücherschränke) sowie Faxgeräte, Werkzeuge und ähnliches.

Diese Wertgrenze von 410 Euro (früher 800 DM) zuzüglich Umsatzsteuer ist schon seit Jahrzehnten unverändert und es wäre eigentlich an der Zeit gewesen, die Höchstgrenze für die Sofortabschreibung der laufenden Geldentwertung anzupassen. Angemessen wären daher künftig mindestens 600 oder 700 Euro (jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer).

Ganz anders hat jedoch die Bundesregierung gehandelt und anstelle der notwendigen Erhöhung der Wertgrenze jetzt durch die so genannte Unternehmenssteuerreform eine deutliche Absenkung des Betrags verfügt, bis zu dem Wirtschaftsgüter sofort im Jahr der Anschaffung oder Herstellung abgeschrieben werden können. Ab 1.1.2008 liegt diese Grenze nämlich bei nur noch 150 Euro (in Worten: einhundertfünfzig!). Mit Mehrwertsteuer (Satz 19 Prozent) ergibt sich zum Beginn des Jahres 2008 damit eine Wertgrenze von 178,50 Euro.

Damit noch nicht genug: Alle Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten über 150 Euro bis maximal 1.000 Euro liegen, müssen jetzt in einen jährlich zu bildenden "Sonderposten" eingestellt werden, der unabhängig von der konkreten Nutzungsdauer der einzelnen Wirtschaftsgüter erst nach fünf Jahren vollständig abgeschrieben werden kann (AfA-Satz also 20 Prozent im Jahr). Dies gilt sogar dann, wenn einzelne Wirtschaftsgüter vor Ablauf dieser Fünf-Jahres-Frist aus dem Betrieb ausscheiden, z.B. weil sie verschlissen sind oder z.B. durch Diebstahl verloren gehen. Mit anderen Worten: Das Steuerrecht ignoriert vorsätzlich die tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten!

Beispiel: Unternehmer A kauft im Kalenderjahr 2008 eine Maschine für 300 Euro, eine Werkbank für 400 Euro und ein Faxgerät für 250 Euro. Da die Anschaffungskosten für alle diese Wirtschaftsgüter die neue Grenze von 150 Euro (zuzüglich Umsatzsteuer) für eine Sofortabschreibung übersteigen und gleichzeitig nicht höher als 1.000 Euro ist, muss für den Veranlagungszeitraum ein "Sonderposten" gebildet werden. Der Wert beträgt 950 Euro, dieser Betrag kann dann über fünf Jahre mit jeweils 20 Prozent (= 190 Euro pro Jahr) steuerlich abgeschrieben werden.

Erwirbt A die vorstehenden Wirtschaftsgüter dagegen noch im Jahr 2007, dann können die Anschaffungskosten sofort in der Steuererklärung 2007 in voller Höhe (950 Euro) als Betriebsausgaben abgesetzt werden.

Die Herabsetzung der Wertgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter gilt jedoch nur bei den Betriebsausgaben, also im Unternehmensbereich und bei Selbständigen. Wer hingegen als Arbeitnehmer beruflich genutzte Wirtschaftsgüter anschafft, für den bleibt die bisherige Wertgrenze von 410 Euro zuzüglich Umsatzsteuer weiterhin bestehen. Dies gilt auch für andere Steuerpflichtige, die ihre steuerpflichtiges Einkommen nach dem Überschuss zwischen den Einnahmen und den Werbungskosten ermitteln, also bei den Erträgen aus Kapitalvermögen oder den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung.

urbs-media Praxistipp: Wahnsinn, dein Name ist Große Koalition! Während sich Großbetriebe und Konzerne durch die Unternehmenssteuerreform über Steuergeschenke in Milliardenhöhe freuen können, gibt es für die mittelständische Wirtschaft und insbesondere für die vielen Kleinunternehmen in Deutschland eine neue Bürokratiewelle. Logisches Denken war bekanntlich noch nie eine Stärke der deutschen Politiker, aber was der Staat hier mit den Verschlechterungen bei den Abschreibungsmöglichkeiten insbesondere den kleinen und mittleren Unternehmen und den Selbständigen antut, ist schon eine Frechheit. Da wird der Begriff Reform (laut Duden eine Veränderung hin zum Besseren) durch die Große Koalition wieder in sein glattes Gegenteil verkehrt.

Durch die Neuregelung entsteht nämlich nicht nur ein erheblicher Buchführungsaufwand für Unternehmer und Freiberufler, die Verteilung der Anschaffungskosten auf fünf Jahre ohne Rücksicht auf die tatsächliche Nutzungsdauer verstößt auch gegen das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Denn im Extremfall wird einem Betrieb eine Ausgabe noch für vier Jahre anteilsmäßig als Gewinn zugerechnet, auch wenn die dafür erworbene Maschine bereits nach einem Jahr verschlissen ist. Existenzbedrohend kann diese Form der fiktiven Gewinnermittlung für solche Unternehmen werden, die regelmäßig in großem Umfang geringwertige Wirtschaftsgüter anschaffen, deren Nutzungsdauer aber die gesetzliche Abschreibungs-Frist von fünf Jahren nicht erreicht. Hier wird das Steuerrecht also glatt auf den Kopf gestellt und tatsächliche Ausgaben in fiktive , aber steuerpflichtige (Schein)Gewinne umqualifiziert.

Noch merkwürdiger wird die Angelegenheit, wenn man die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs betrachtet, wonach eine Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter nur dann zulässig ist, wenn diese Gegenstände selbständig nutzbar sind. Hiernach scheidet z.B. ein sofortiger Abzug der Anschaffungskosten für einen PC-Monitor oder einen PC-Drucker aus, auch wenn die Anschaffungskosten unter der Grenze von 410 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer liegen. Weil derartige Geräte nach Meinung des Bundesfinanzhofs nur zusammen mit einem PC genutzt werden können, beträgt die Abschreibungsdauer daher nach Ziffer 6.14.3.2 der AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter drei Jahre (BFH, Urteil vom 19.2.2004 - VI R 135/01).

Jetzt wendet sich diese ursprünglich zu Lasten der Steuerpflichtigen erdachte Regelung plötzlich gegen die Finanzverwaltung: Den eigentlich würde z.B. für PC-Monitore bis zu einem Wert von 1.000 Euro wegen der neuen "Gruppenabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter" eine fiktive Nutzungsdauer von fünf Jahren gelten. Da hier jedoch die AfA-Tabellen anwendbar sind, weil es am Merkmal der "selbständigen Nutzbarkeit" fehlt, beträgt die Abschreibungsdauer für PC-Monitore im Preissegment zwischen 150 Euro und 1.000 Euro dennoch nur drei Jahre. Anders hingegen, wenn das Gerät selbständig nutzbar ist, z.B. auch als Fax oder als Fernsehempfänger. Dann muss das Wirtschaftsgut in den Sonderposten mit einer Abschreibungsdauer von fünf Jahren eingestellt werden, außer sein Preis beträgt maximal 150 Euro oder der Preis übersteigt 1.000 Euro und ist deshalb wiederum nach der AfA-Tabelle in drei Jahren abzuschreiben. Ist doch logisch, oder nicht?

Jedenfalls wird diese steuerrechtliche Bestrafung von Investitionen im Bereich zwischen 150 Euro und 1.000 Euro dazu führen, dass sich viele Unternehmen zweimal überlegen werden, ob sie Geld in Gegenstände investieren, die nur kurzfristig einsatzfähig sind, aber über volle fünf Jahre abgeschrieben werden müssen. Denn ein zinsloses Darlehen an den Staat in Form einer fiktiven Gewinnbesteuerung können sich viele Betriebe in Deutschland nicht leisten. Somit ist die Reform der Abschreibungsregelungen eindeutig ein weiter Schritt der Großen Koalition im Kampf gegen Wachstum und Beschäftigung!

Und für die Betriebe in Deutschland, die im Jahr 2007 noch etwas finanziellen Spielraum haben, gibt es einen eindringlichen Rat der urbs-media Redaktion: Tätigen Sie Anschaffungen im Bereich bis zu 410 Euro (zuzüglich Umsatzsteuer) unbedingt noch bis zum 31.12.2007. Denn die steuerlichen Verschlechterungen gelten für alle Wirtschaftsgüter, die ab dem 1.1.2008 angeschafft oder hergestellt werden.



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