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Höchstgrenzen für die Abzugsfähigkeit von Kosten für eine beruflich genutzte Zweitwohnung


urbs-media, 3.9.2007: Wer berufsbedingt in der Nähe seiner Arbeitsstelle eine Zweitwohnung bezogen hat, der kann die entsprechenden Aufwendungen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben von der Steuer absetzen. Allerdings beschränkt § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) den Abzug der Kosten für eine derartige doppelte Haushaltsführung auf die hierzu "notwendigen Mehraufwendungen". Die ab dem Veranlagungszeitraum 1996 geltende Befristung der steuerlichen Abzugsfähigkeit auf zwei Jahre ist dagegen durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts gekippt worden; seit Anfang 2003 gibt es daher keine zeitliche Beschränkung mehr für die doppelte Haushaltsführung.

Was konkret unter dem Merkmal der "notwendigen Mehraufwendungen" zu verstehen ist, war bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden. Die Finanzverwaltung ging daher häufig zweigleisig vor und beschränkte den Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug für eine beruflich bedingte doppelte Haushaltsführung sowohl mit dem Argument, die betreffende Wohnung sei zu groß als auch mit der Behauptung, der Mietpreis pro Quadratmeter sei unangemessen hoch.

Der Bundesfinanzhof hat jetzt in zwei Urteilen verbindliche Maßstäbe veröffentlicht, nach denen die Abzugsfähigkeit der Wohnkosten bei einer doppelten Haushaltsführung zu beurteilen sind. Der BFH geht hierbei wie auch zuvor die Finanzverwaltung zweigleisig vor und legt sowohl eine Flächenbegrenzung als auch einer Miethöhenbegrenzung fest. Hiernach gilt zunächst der Grundsatz, dass die Wohnkosten nur dann notwendig im Sinne von § 9 EStG sind, wenn die Wohnung nicht größer als 60 Quadratmeter ist. Als zweite Beschränkung führt der Bundesfinanzhof dann aber auch den Mietpreis an: Die Kosten für eine beruflich bedingte doppelte Haushaltsführung sind nur in der Höhe steuerlich abzugsfähig, wie sie für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung mit maximal 60 Quadratmeter angefallen wären (so genannte Durchschnittsmiete).

Der Bundesfinanzhof gewährt dem Steuerpflichtigen somit ein dreifaches Wahlrecht:

  • Entweder der Steuerpflichtige mietet eine Wohnung mit exakt 60 Quadratmeter zum jeweiligen ortsüblichen Durchschnittsmietpreis; dann sind die Wohnkosten in voller Höhe steuerlich abzugsfähig.

  • Alternativ kann der Steuerpflichtige auch eine besonders gut ausgestattete Wohnung anmieten, deren Mietpreis pro Quadratmeter über den ortsüblichen Quadratmeterkosten liegt. Dann sind die Kosten nur bis zu dem Betrag steuerlich abzugsfähig, der sich für eine 60 Quadratmeter-Wohnung zum Durchschnittsmietpreis ergeben würde. Ein voller Kostenabzug ist also nur dann möglich, wenn die Wohnfläche entsprechend kleiner ist als die ansonsten zulässigen 60 Quadratmeter.

  • Mietet der Steuerpflichtige eine Wohnung, deren Kosten unter den ortsüblichen durchschnittlichen Quadratmeterpreis liegt, dann ist der Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug auch für eine Wohnung möglich, die größer als 60 Quadratmeter ist. Obergrenze ist dann wiederum der Betrag, der für eine 60-Quadratmeter-Wohnung mit durchschnittlichem Quadratmeterpreis zu bezahlen wäre.

Beispiel:
Die ortsübliche Durchschnittsmiete am Beschäftigungsort beträgt 10 Euro pro Quadratmeter. Folglich liegt die Miete für eine 60-Quadratmeter-Wohnung bei 600 Euro im Monat.

Zahlt der steuerpflichtige nun für eine überdurchschnittlich ausgestattete Wohnung 15 Euro pro Quadratmeter, dann darf die Wohnung maximal 40 Quadratmeter Wohnfläche haben, um den vollen Steuerabzug von 600 Euro zu gewährleisten.

Mietet der Steuerpflichtige dagegen eine Wohnung mit unterdurchschnittlichem Komfort zum Preis von nur 8 Euro pro Quadratmeter, dann darf diese Wohnung entsprechend größer sein und eine Gesamtwohnfläche von 75 Quadratmeter aufweisen.

(Bundesfinanzhof, Urteil vom 9.8.2007 - VI R 10/06 und VI R 23/05)

Im Ergebnis billigt der Bundesfinanzhof den Steuerpflichtigen bei einer beruflich bedingten doppelten Haushaltsführung nur wenig mehr als den Wohnkomfort zu, den der Staat seinen Hartz IV-Empfängern gewährt. Denn sozialhilferechtlich hat ein Ein-Personen-Haushalt Anspruch auf 45 bis 50 Quadratmeter Wohnfläche. Noch erschreckender fällt der Vergleich zu Hartz IV aus, wenn man die 60 Quadratmeter für eine doppelte Haushaltsführung mit der vom Bundessozialgericht festgelegten Wohnungsgröße für das so genannte Schonvermögen in Beziehung setzt (BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R): Hiernach dürfen Einpersonen-Haushalte eine Eigentumswohnung bis maximal 80 Quadratmeter oder ein Einfamilienhaus bis maximal 90 Quadratmeter bewohnen, ohne ihren Anspruch auf staatliche Unterstützung zu verlieren. So betrachtet mutet das Steuerrecht Berufstätigen bei einer doppelten Haushaltsführung einen Lebensstandard zu, der praktisch noch unter dem Niveau der "Sozialhilfe" liegt!

Besonders ärgerlich ist, dass der Bundesfinanzhof für seine Abzugsbeschränkung (maximal 60 Quadratmeter zum Preis der durchschnittlichen Miete) keine Ausnahmen zulassen will. So kann sich der Steuerpflichtige z.B. nicht darauf berufen, dass es am Beschäftigungsort bei Mietbeginn keine freie kleinere Wohnung gab oder dass er durch eine plötzliche Versetzung bei der Wohnungssuche unter besonderem Zeitdruck stand.

Selbst wenn der Steuerpflichtige in der Zweitwohnung auch noch Büroarbeiten erledigt, will der BFH von seinen starren Regelungen bezüglich der Wohnungsgröße nicht abweichen. Dies gilt zumindest dann, wenn in der Wohnung ein Raum nur teilweise auch als Arbeitszimmer genutzt wird. Die auf ein Arbeitszimmer entfallenden Mehraufwendungen werden nämlich nur dann steuerlich anerkannt, wenn sowohl das entsprechende Zimmer als auch die berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen insgesamt den Anforderungen für ein steuerlich anzuerkennendes Arbeitszimmer genügen. Dies dürfte aber im Regelfall bereits daran scheitern, dass dem Steuerpflichtigen am Beschäftigungsort ein eigener Arbeitsplatz im Betrieb zur Verfügung steht, denn dieser Arbeitsplatz fernab der Hauptwohnung ist ja gerade der Anlass für die doppelte Haushaltsführung.

urbs-media Praxistipp: Zahlreiche Städte erheben in ihrem Gebiet eine so genannte Zweitwohnungsteuer. Dabei handelt es sich nicht nur um klassische Kur- oder Ferienorte, sondern zu einem erheblichen Teil auch um Großstädte, z.B. Hannover und Dortmund. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer auf die Innehabung einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, die Ehe diskriminiert und gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstößt.

Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass die Satzungen über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer im Regelfall an die melderechtlichen Vorschriften anknüpfen. Hiernach gilt bei einer verheirateten Person, die nicht dauernd getrennt von ihrer Familie lebt, die von der Familie vorwiegend benutzte Wohnung als die Hauptwohnung. Mit anderen Worten: Verheiratete haben keine Möglichkeit, die Wohnung am Beschäftigungsort trotz deren vorwiegender Nutzung zum Hauptwohnsitz zu bestimmen und damit der Heranziehung der Zweitwohnungsteuer zu entgehen; weil die maßgeblichen Meldegesetze zwingend die vorwiegend genutzte Wohnung der Familie zu ihrem Hauptwohnsitz bestimmen.

Von der steuerlichen Belastung durch die Zweitwohnungsteuer werden dagegen solche Personen nicht erfasst, die nicht infolge einer ehelichen Bindung von der Verlegung ihres Hauptwohnsitzes an ihren Beschäftigungsort abgehalten werden. Die Zweitwohnungsteuer stellt daher eine besondere finanzielle Belastung des ehelichen Zusammenlebens dar und verstößt insoweit gegen Art. 6 des Grundgesetzes (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 11.10.2005 - 1 BvR 1232/00 und 1 BvR 2627/03).



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