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Die ab 1.1.2007 geltenden steuerlichen Mehrbelastungen durch das Steueränderungsgesetz 2007


urbs-media, 4.12.2006: Durch das so genannte Steueränderungsgesetz 2007 (BGBl 2006 I S. 1652) gelten mit Wirkung zum 1.1.2007 für die Bürger in Deutschland zahlreiche steuerrechtliche Verschlechterungen. Zusammen mit der gleichfalls von der Großen Koalition beschlossenen Anhebung der Umsatzsteuer und der Versicherungssteuer von 16 Prozent auf 19 Prozent kommen auf die Steuerzahler in Deutschland damit im nächsten Jahr und in den folgenden Jahren jeweils Mehrbelastungen in Höhe von ca. 30 Mrd. Euro zu.

Dieser staatlichen Kaufkraftabschöpfung in Milliardenhöhe stehen durch den sinkendenden Beitrag zur Arbeitslosenversicherungen nur geringfügige Entlastungen gegenüber. Denn durch die gleichzeitig zum Beginn des Jahres 2007 steigenden Beiträge zur Krankenversicherung und wegen des ab 1.1.2007 geltenden höheren Rentenversicherungsbeitrags fällt die tatsächliche Entlastung der Arbeitnehmerhaushalte bei den Sozialversicherungsbeiträgen kaum noch ins Gewicht.

1. Pendlerpauschale erst ab dem 21. Entfernungskilometer

Bisher konnten Arbeitnehmer und Selbständige für Fahrten mit dem eigenen Kraftfahrzeug zum Arbeitsplatz pro Entfernungskilometer einen Pauschbetrag von 30 Euro-Cent von der Steuer als Werbungskosten oder als Betriebsausgaben absetzen.

Ab 1.1.2007 gilt das so genannte Werkstorprinzip. Die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. zwischen Wohnung und Betrieb sind dann weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 5a Satz 1; § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG). Lediglich für Fernpendler sieht das Gesetz vor, dass ab dem 21. Entfernungskilometer weiterhin die bekannten 0,30 Euro wie Werbungskosten bzw. wie Betriebsausgaben steuerlich geltend gemacht werden können.

Eine weitere Verschlechterung betrifft Unfallkosten. Kam es bisher auf der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsplatz zu einem Verkehrsunfall, dann konnten die Steuerpflichtigen diese Aufwendungen zusätzlich zur Entfernungspauschale steuerlich geltend machen. Ab 1.1.2007 bestimmt das Gesetz zum Nachteil der Pendler nunmehr, dass Unfallkosten nicht mehr abzugsfähig sind.

Insgesamt erwartet die Bundesregierung durch die Einschnitte bei der Pendlerpauschale jährliche Steuermehreinnahmen in der Größenordnung von 1,3 Mrd. Euro im Jahr 2007 und in Höhe von 2,5 Mrd. Euro jährlich ab dem Jahr 2008.

Für einen Arbeitnehmer, der an 240 Arbeitstagen im Jahr mit dem Fahrzeug zu seinem 25 Kilometer entfernten Arbeitsplatz fährt, bedeutet die Neuregelung, dass er statt wie bisher jährlich 1.800 Euro ab 1.1.2007 jährlich nur noch 360 Euro als Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz geltend machen kann. Je nach persönlichem Steuersatz bedeutet dies einen individuellen Einkommensverlust zwischen 290 Euro und 650 Euro pro Jahr.

Der Bund der Steuerzahler hat in diesem Zusammenhang schon angekündigt, Musterprozesse gegen die gekürzte Entfernungspauschale zu unterstützen. Denn nach der Systematik des deutschen Steuerrechts ist eigentlich klar: Fahrtkosten zur Arbeit sind eindeutig Werbungskosten, weil das Einkommen in dieser Höhe nicht zum Lebensunterhalt zur Verfügung steht. Besonders wütend werden viele Berufspendler, wenn sie an die steuerfreie Aufwandsentschädigung ihrer Bundestagsabgeordneten in Höhe von jährlich 43.764 Euro denken, über deren Verwendung unsere Abgeordneten keinerlei Rechenschaft ablegen müssen. Arbeitnehmern wird dagegen nur maximal ein Freibetrag von 920 Euro pro Jahr (ca. 1/50 der steuerfreien Abgeordnetenpauschale) als Arbeitnehmerfreibetrag zugestanden.

2. Erneute Kürzung des Sparerfreibetrags

Als der Sparerfreibetrag vor gut 10 Jahren eingeführt wurde, da waren für Ledige Kapitaleinnahmen in Höhe von 6.000 DM (3.068 Euro) und für zusammenveranlagte Ehegatten in Höhe von 12.000 DM (6.135 Euro) von der Einkommensteuer freigestellt. Nach mehreren Kürzungen liegt der Sparerfreibetrag gegenwärtig bei 1.370 Euro für Ledige bzw. 2.740 Euro für zusammenveranlagte Ehegatten.

Zum 1.1.2007 wird es eine erneute Reduzierung des Freibetrags für Einkünfte aus Kapitalvermögen geben. Dann darf ein Lediger nur noch Zinseinkünfte in Höhe von 750 Euro pro Jahr beziehen, bei zusammenveranlagten Ehegatten liegt diese Grenze dann bei 1.500 Euro. Verglichen mit der ursprünglichen Regelung hat sich der Sparerfreibetrag also zum 1.1.2007 auf weniger als ein Viertel verringert.

Die Bundesregierung erwartet durch diese Verschlechterung für Kapitalanleger Mehreinnahmen in Höhe von 700 Mio. Euro pro Jahr. Für verheiratete Steuerpflichtige bedeutet dies z.B. je nach persönlichem Steuersatz eine Reduzierung der Netto-Rendite von Spareinlagen zwischen 250 Euro und 560 Euro im Jahr.

3. Weitere Abzugsbeschränkungen beim häuslichen Arbeitszimmer

Schon seit vielen Jahren werden die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer von der Finanzverwaltung nur noch sehr beschränkt als Werbungskosten oder Betriebsausgaben anerkannt. Weitere Verschlechterungen bei den Arbeitszimmerkosten erfolgen zum 1.1.2007: Dann können Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch dann als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn das Arbeitszimmer im Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit steht.

In der Konsequenz bedeutet dies, dass alle Arbeitnehmer, für die es im Unternehmen einen Schreibtisch gibt, ihre Arbeitszimmerkosten nicht mehr von der Steuer absetzen können. Das betrifft entgegen einer weit verbreiteten Ansicht nicht nur Lehrer, sondern generell alle Steuerpflichtigen, die bisher am Abend oder am Wochenende in ihrer Privatwohnung noch gearbeitet haben.

Die Bundesregierung erwartet durch diese steuerlichen Verschlechterungen Mehreinnahmen für den Bundeshaushalt von ca. 300 Mio. Euro pro Jahr.

4. Verkürzung des Bezugszeitraums für das Kindergeld

Bisher wurden Kinder in der Berufsausbildung bis zum vollendeten 27. Lebensjahr bei der Kindergeldzahlung berücksichtigt. Ab 1.1.2007 gilt jetzt ein maximaler Bezugszeitraum von 25 Jahren. Lediglich für Kinder des Geburtsjahres 1982 sinkt der Zeitraum des Kindergeldbezugs auf 26 Jahre.

Die Kürzungen beim Kindergeld wirken sich wegen der Übergangsvorschrift für den Geburtsjahrgang 1983 im Jahr 2007 noch nicht negativ aus. In den Folgejahren ergeben sich durch den um zwei Jahre reduzierten Bezugszeitraum für das Kindergeld jedoch Einnahmeausfälle für die betroffenen Familien in der Größenordnung von 700 Mio. Euro pro Jahr.

5. Anhebung der Umsatzsteuer auf 19 Prozent

Die Anhebung der Umsatzsteuer von gegenwärtig 16 Prozent auf 19 Prozent wird zu Steuer-Mehreinnahmen von etwa 24 Mrd. Euro pro Jahr führen. Dieser Betrag entspricht zumindest den Erwartungen der Bundesregierung. Allerdings ist zu beachten, dass diese Summe nur dann zusätzlich anfällt, wenn sich das Konsumverhalten der Deutschen nicht grundlegend ändert.

Hier hat sich z.B. bei den letzten Anhebungen der Tabaksteuer auf Zigaretten gezeigt, dass steigende Steuersätze nicht zu steigenden, sondern zu sinkenden Steuereinnahmen führen. Die Ursache hierfür ist psychologisch leicht zu erklären: Wenn eine Abgabe von der Bevölkerung wegen ihrer Höhe nicht mehr akzeptiert wird, führt dies zu leicht nachvollziehbaren Vermeidungsstrategien. Es wird zwar nicht weniger geraucht, aber man bedient sich halt vermehrt steuerfreier Quellen für den Rauchtabak.

Eine ähnliche Reaktion wird es teilweise auch bei der Mehrwertsteuer geben. Die Opfer der höheren Mehrwertsteuer werden daher in erster Linie legal arbeitende Handwerker sein, denen durch die jetzt zwangsläufig ansteigende Schwarzarbeit die Aufträge ausbleiben. Außerdem werden sich viele Steuerpflichtige vermehrt als Heimwerker betätigen (müssen) und dadurch zumindest die Umsatzsteuer auf den Handwerkerlohn sparen. Somit sind vermutlich die Baumärkte die einzige Branche, der nach der Mehrwertsteuererhöhung keine Umsatzverluste droht.

6. Reichensteuer

Die Bundesregierung erhebt ab 1.1.2007 für Steuerpflichtige mit einem jährlichen Einkommen von 250.000 Euro (500.000 Euro bei zusammenveranlagten Steuerpflichtigen) eine so genannte Reichensteuer in Form eines Zuschlags in Höhe von 3 Prozentpunkten auf die Einkommensteuer. Im Ergebnis liegt der Spitzensteuersatz für diese Personen dann bei 45 Prozent statt bisher bei 42 Prozent.

Die Steuererhöhung gilt aber nicht für unternehmerische Einkünfte. Wer also z.B. Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft oder aus selbständiger Arbeit bezieht, für den bleibt es auch nach dem 1.1.2007 bei dem Steuerhöchstsatz von 42 Prozent.

Ob die Differenzierungen bei der Steuerbelastung nach Einkommensarten gerechtfertigt ist, muss vermutlich bald das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Nach dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes erscheint die von der Großen Koalition vorgenommene Differenzierung nach bösen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, aus Kapitalvermögen sowie aus unselbständiger Arbeit (Steuersatz 45 Prozent) und guten Einkünften aus Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft sowie selbständiger Arbeit (Steuersatz 42 Prozent) jedenfalls eindeutig verfassungswidrig. Da hilft vermutlich auch die von der Bundesregierung vorgenommene Trickserei mit dem neu eingeführten § 32c EStG (Tarifbegrenzung bei Gewinneinkünften) nicht weiter.

urbs-media Praxistipp: Üblicherweise geben wir an dieser Stelle für unsere Leser immer Tipps und Hinweise, wie man durch geschickte Gestaltungsmöglichkeiten die Steuermehrbelastungen vermeiden oder zumindest abmildern kann. Diesmal fällt uns trotz intensivem Nachdenkens aber kein praktikabler Weg ein, wie man auf die von der Großen Koalition verabschiedeten Steuererhöhungen reagieren soll.

Völlig absurd ist z.B.folgender Vorschlag aus der Tagespresse: Man solle durch einen möglichst langen Weg zur Arbeit die steuerlichen Nachteile prozentual begrenzen. Wer z.B. statt bisher 20 km jetzt 40 km zur Arbeit fährt, der kann zwar dann 6 Euro pro Tag als Werbungskosten absetzen, hat aber auch entsprechende Mehraufwendungen an Kraftstoff und vor allem Zeit. Diesen Vorschlag aus der Presse wollen wir daher gleich in die Tonne hauen.

Besser wäre es dann schon, durch einen Umzug seinen Weg zur Arbeit zu verkürzen oder sich eine neue Stelle in der Nähe der Wohnung zu suchen. Wegen der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Umzugskosten immerhin ein praktikabler Weg, die Einkommensverluste wenigstens teilweise aufzufangen. Der weitere Vorteil: Die gesparte Fahrtzeit kann man privat nutzen, z.B. zur Wohnungsrenovierung.

Auch die vielen Vorschläge zur optimalen Kapitalanlage unter Berücksichtigung der gekürzten Sparerfreibeträge sind mit Verlaub gesagt allesamt Schrott. Denn auch die Anlage in niedrig verzinsliche Wertpapiere bringt dem Sparer nichts mehr, wenn im nächsten Jahresteuergesetz dann die Abgeltungssteuer mit 20 oder 30 Prozent für Kursgewinne festgeschrieben wird. Wer hier als Anlagebrater ehrlich ist, kann den Kunden derzeit nur sagen: "Sparen lohnt sich nicht!"

Auch die Abzugsbeschränkungen beim häuslichen Arbeitszimmer kann man in der Praxis nicht umgehen. Wenn man bedenkt wie viel Literatur in den vergangenen Jahren zum "Steuersparmodell häusliches Arbeitszimmer" gedruckt wurde, kann man für das Jahr 2007 nur feststellen: Außer Spesen nichts gewesen. Es gibt daher eigentlich nur eine vernünftige Reaktion auf die Gesetzesänderung, und die lautet: Wenn der Staat zusätzliche Arbeit in den eigenen vier Wänden steuerlich bestraft, dann muss man es wie mit dem Rauchen halten und einfach damit aufhören.

Frech ist auch die Begründung der Bundesregierung für die Kürzungen beim Kindergeld für Auszubildende: Die Regierung begründet die Regelung nämlich mit dem Ziel, für schnellere Studienabschlüsse zu sorgen. Diese Begründung ist schon höhnisch, sorgen die deutschen Politiker doch gerade durch die Einführung von Studiengebühren dafür, dass viele Studenten neben ihrem Studium noch mehr arbeiten müssen und sich die Studienzeiten in Deutschland künftig ehr verlängern als verkürzen werden.

Über die schädlichen Auswirkungen der Umsatzsteuererhöhung auf die Konjunktur in Deutschland und speziell auf den Lebensstandart der Bundesbürger ist schon viel geschrieben worden. Besonders spaßig sind in diesem Zusammenhang die Berechnungen der Bundesregierung, wonach z.B. ein Arbeitnehmerhaushalt hierdurch pro Monat nur mit 5 bis 10 Euro zusätzlich belastet werden soll. Dass es sich hierbei um die gewohnte Zahlenspielerei der Regierung handelt, beweist eine andere Rechnung: Die Regierung erwartet ca. 24 Mrd. zusätzliche Steuereinnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung, bei einer Bevölkerung von 82 Mio. Menschen in Deutschland ergibt sich daraus ein Betrag von 292,68 Euro pro Kopf und Jahr, also vom Säugling bis zum Greis. Eine vierköpfige Familie wird folglich nicht wie von der Politik behauptet mit 50 bis 100 Euro pro Jahr, sondern statistisch korrekt gerechnet mit knapp 1.200 Euro im Jahr an zusätzlicher Mehrwertsteuer belastet. Denn irgendwer muss die Umsatzsteuer doch bezahlen, und das sind ausschließlich die privaten Verbraucher!



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