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Experten warnen: Beratungsprotokolle bei Kapitalanlagen nicht unterzeichnen


urbs-media, 22.3.2010: Seit 1.1.2010 verlangt § 34 Abs. 2a des Wertpapierhandelsgesetzes (WPHG), dass Banken und Sparkassen ihren Kunden vor dem Vertragsabschluss über Geldanlagen ein so genanntes Beratungsprotokoll vorlegen müssen. Inhalt und Umfang des Beratungsprotokolls werden jedoch nicht im WPHG geregelt, sondern in der Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WpDVerOV).

Nach § 14 WpDVerOV muss das Beratungsprotokoll vollständige Angaben über folgende Punkte enthalten:

  • Den Anlass der Anlageberatung,
  • die Dauer des Beratungsgespräches,
  • die für die Beratung maßgeblichen Informationen über die persönliche Situation des Kunden,
  • Informationen über die Finanzinstrumente und Dienstleistungen, die Gegenstand der Beratung sind,
  • die wesentlichen Anliegen des Kunden und deren Gewichtung und
  • die im Gespräch erteilten Empfehlungen und die wesentlichen Gründe für diese Empfehlungen.

Geldgeschäfte, die nicht unter das Wertpapierhandelsgeschäft fallen, lösen auch keine Protokollierungspflicht aus. Dies gilt z.B. für normale Spareinlagen, Festgeldkonten und Tagesgeldkonten.

Das Wertpapierhandelsgesetz schreibt schließlich vor, dass das Beratungsprotokoll vom Anlageberater zu unterzeichnen ist. Der Kunde hat Anspruch darauf, dass ihm eine Kopie des Protokolls überlassen wird. In der Praxis sieht es jedoch häufig so aus, dass dem Kunden das vorgefertigte Anlageprotokoll ebenfalls zur Unterschrift vorgelegt wird. Abgesehen dafür, dass es für eine Kundenunterschrift auf dem Beratungsprotokoll keinerlei gesetzliche Grundlage gibt, sollten die Anleger vor der Unterzeichnung folgendes bedenken: Wer das Protokoll unterzeichnet, kann im Streitfall nicht mehr erfolgreich vor Gericht geltend machen, der Inhalt des Protokolls sei unrichtig. Mit anderen Worten: Das vom Kunden unterzeichnete Anlageprotokoll gilt im Prozess dann als inhaltlich richtig und vollständig.

Weil es bei Schadensersatz-Prozessen wegen Falschberatung aber auf jedes Wort im Beratungsgespräch ankommt, kann der Kunde ohne sorgfältige und vor allem fachanwaltliche Prüfung kaum nachvollziehen, ob der Anlageberater in dem von ihm verfassten Protokoll das Anlagegespräch tatsächlich korrekt und vollständig wiedergegeben hat. Dies gilt insbesondere für die Einstufung des Kunden in bestimmte Risikoklassen und für die Beschreibung des jeweiligen Anlagerisikos.

Auf Schadensersatzklagen gegen Kreditinstitute spezialisierte Rechtsanwälte empfehlen daher, dass Anleger derartige Anlageprotokolle generell nicht unterzeichnen sollten. Denn die Gefahr, dass der Anlageberater im Protokoll für den juristischen Laien unerkennbar Formulierungen verwendet, die spätere Schadensersatzansprüche ausschließen, ist nicht von der Hand zu weisen. Böse Zungen behaupten sogar, die von der Bundesregierung eingeführte Protokollierungspflicht für Anlagegespräche diene nicht dem Verbraucherschutz, sondern solle Banken und Sparkassen vor Schadensersatzforderungen der Kunden schützen.

Aber nicht alle Banken und Sparkassen verlangen von ihren Kunden die Unterzeichnung des Anlageprotokolls. Teilweise wird ganz auf eine Kundenunterschrift verzichtet (z.B. Deutsche Bank und Commerzbank) und einige Kreditinstitute lassen sich von den Kunden nur die Aushändigung des Beratungsprotokolls quittieren. Aber auch hier ist Vorsicht angebracht: Denn einige dieser Übergabequittungen sind so formuliert, dass der Anleger hiermit auch den Inhalt des Anlageprotokolls bestätigt. Deshalb unser Rat: Wechseln sie das Kreditinstitut, wenn man von Ihnen die Unterzeichnung des Beratungsprotokolls verlangt oder wenn auf der Übergabequittung mehr steht als "Ich habe das Beratungsprotokoll erhalten"!

urbs-media Praxistipp: Bisher scheiterten die meisten Ansprüche von Bank- und Sparkassenkunden wegen Falschberatung bereits an den Verjährungsfristen. Denn die dreijährige Verjährungsfrist von Schadensersatzansprüchen gegen Kreditinstitute und Anlageberater begann grundsätzlich mit dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Die Folge dieser Regelung war, dass eine Vielzahl von Falschberatungen bereits verjährt war, bevor die Kunden auch nur eine Ahnung vom Schadenseintritt hatten.

Seit 1.1.2010 verjähren Schadensersatzansprüche in Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften zwar immer noch nach drei Jahren, die Verjährungsfrist beginnt jedoch nach den allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs erst dann, wenn der Geschädigte Kenntnis von der Falschberatung erlangt hat. Unabhängig von dieser Kenntnis verjähren Schadensersatzansprüche wegen Falschberatung aber spätestens 10 Jahre nach Vertragsabschluss. Diese Neuregelung gilt allerdings nicht für Altfälle, sondern nur für Anlagegeschäfte, die nach dem 31.12.2009 getätigt wurden.



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