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Neue Banken-AGB verlagern das Risiko von Fehlüberweisungen seit 1.10.2009 auf die Kunden


urbs-media, 12.10.2009: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs waren die Kunden von Banken und Sparkassen vor Fehlüberweisungen einigermaßen geschützt. Denn zumindest im beleggebundenen Überweisungsverkehr sind die Kreditinstitute verpflichtet, die Übereinstimmung zwischen der Kontonummer und dem Namen des Empfängers zu prüfen. Dies gilt auch dann, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank oder der Sparkasse für Überweisungen allein die vom Kunden im Überweisungsauftrag genannte Kontonummer des Empfängers für maßgeblich erklären (BGH, Urteil vom 15.11.2005 - XI ZR 265/04).

Liegt also eine Diskrepanz zwischen der Kontonummer und dem Kontoinhaber vor (z.B. weil der Auftraggeber in den Überweisungsträger eine falsche Kontonummer oder eine falsche Bankleitzahl eingetragen hat), dann wird das Geld bei der Empfängerbank auf ein Zwischenkonto gebucht und eine Weisung des Auftraggebers abgewartet. Eine entsprechende Pflicht zur Durchführung eines Namens- und Kontovergleichs besteht im übrigen auch dann, wenn die Kunden im Kreditinstitut einen Überweisungsterminal benutzen.

Jetzt haben die Banken und Sparkassen einen neuen Anlauf unternommen, ihren Kunden das Risiko von Fehlüberweisungen aufzubürden. Denn seit 1.10.2009 gelten bei den meisten deutschen Kreditinstituten neue Allgemeine Geschäftsbedingungen. Und in diesen AGB haben praktisch alle Banken und Sparkassen übereinstimmend bei Überweisungen festgelegt, dass jetzt ausschließlich die Nummer des Empfängerkontos maßgeblich ist. Abweichungen zwischen dem Empfängernamen und der Kontonummer müssen nach den neuen AGB von den Kreditinstituten daher jetzt nicht mehr beachtet werden. Damit tragen die Bankkunden jetzt das volle Risiko von Fehlüberweisungen. Zwar ist der Empfänger einer Fehlüberweisung aus § 818 BGB zur Rückerstattung des zu unrecht empfangenen Betrages verpflichtet, derartige Ansprüche scheitern in der Praxis jedoch immer wieder, weil der Empfänger z.B. insolvent ist oder das Geld schon ausgegeben hat.

Ein weiterer Nachteil der neuen Banken-AGB für die Kunden besteht darin, dass Überweisungsaufträge seit Anfang Oktober 2009 nicht mehr widerrufen werden können, sobald sie der Bank zugegangen sind. Bisher konnten Kunden dagegen eine Überweisung widerrufen, solange der Zahlungsvorgang von dem Kreditinstitut noch nicht ausgeführt worden war. Jetzt sind Bank- und Sparkassenkunden beim Widerruf generell auf die Kulanz ihres Kreditinstituts angewiesen, da nach den AGB ab dem Zugang der Überweisung die Kunden kein Widerrufsrecht mehr haben.

urbs-media Praxistipp: Die neuen AGB der Kreditinstitute führen jetzt zu einer Situation im Überweisungsverkehr, der nach der bisherigen Rechtsprechung nur für Online-Überweisungen galt. Denn in diesem Fall hielten es die Gerichte schon länger für zulässig, dass sich die Banken und Sparkassen bei der Ausführung von Überweisungsaufträgen ausschließlich nach der Kontonummer richten (Amtsgericht München, Urteil vom 18.6.2007 - 222 C 5471/07). Entsprechende Klauseln für das Online-Banking wurden von den Gerichten daher im Regelfall nicht beanstandet.

Fraglich ist jedoch, ob der Bundesgerichtshof die neuen AGB der Banken und Sparkassen nicht erneut als unzulässige Benachteiligung der Verbraucher einstufen und für unwirksam erklären wird. Zwar gehen die neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf eine Initiative der EU zurück; die deutschen Gerichte sind jedoch nicht verpflichtet, jeden Unsinn aus Brüssel auch für zulässig zu erklären. An der Rechtslage in Deutschland hat sich nämlich nichts geändert. Prüfungsmaßstab für Allgemeine Geschäftsbedingungen sind weiterhin die §§ 305 bis 310 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Und hier gilt weiterhin der Grundsatz des § 307 BGB, wonach Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Es ist daher wahrscheinlich, dass der unter anderem für Bankrecht zuständige 11. Senat des Bundesgerichtshofes auch die neuen Banken- und Sparkassen-AGB kritisch auf deren Vereinbarkeit mit den deutschen Vorschriften zum Verbraucherschutz prüfen wird. Und da gibt es eigentlich keinen Grund, warum die Karlsruher Richter zumindest beim beleggebundenen Überweisungsverkehr ihre langjährige Rechtsprechung ändern sollten. Die urbs-media Redaktion hält daher Klagen gegen Kreditinstitute durchaus weiterhin für erfolgversprechend, wenn es von den Banken und Sparkassen versäumt wurde, Kontonummer und Überweisungsempfänger auf ihre Identität hin zu überprüfen. Allerdings müssen sich die Bankkunden hier möglicherweise ein Mitverschulden anrechnen lassen, wenn sie den Überweisungsvordruck nicht sorgfältig ausgefüllt haben.



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