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Milliardenverluste für Kapitalanleger durch wertlose Zertifikate der insolventen US-Bank Lehman Brothers


urbs-media, 22.9.2008: Am vergangenen Montag (15.9.2008) hat sich die Investment-Bank Lehman Brothers unter den Schutz des amerikanischen Insolvenzrechts (Gläubiger-Schutz nach Chapter 10) gestellt und damit praktisch Konkurs angemeldet. Von dieser Pleite betroffen sind in Deutschland zehntausende von Zertifikate-Besitzern, die eines oder mehrere der etwa 200 am deutschen Markt gehandelten Zertifikate der zahlungsunfähigen US-Bank erworben hatten. Zwar geben der Verantwortlichen bei Lehman keinerlei Auskunft über die Zukunft der von ihnen ausgegebenen Zertifikate, Finanzexperten wie Carsten Heise, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), halten jedoch einen erheblichen Verlust für wahrscheinlich.

Denn Zertifikate sind anders als z.B. Spareinlagen nicht durch den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken (BdB) geschützt. Rechtlich betrachtet handelt es sich bei Zertifikaten nämlich um so genannte Inhaberschuldverschreibungen, die im Insolvenzfall nur entsprechend der Konkursquote berücksichtigt werden. Für Besitzer von Lehman-Zertifikaten bedeutet dies, dass sie nur abwarten können, ob der Emittent bei Fälligkeit möglicherweise wieder zahlungsfähig ist. Eine vorzeitige Veräußerung der Zertifikate dürfte im Regelfall allenfalls mit drastischen Kursabschlägen möglich sein, so dass es sich vermutlich lohnt, auf die Fälligkeit zu warten. Wenn die Verwertung des restlichen Lehman-Vermögens erfolgreich verläuft, können die Anleger vermutlich auf eine Konkursquote von 40 bis 50 Prozent hoffen.

urbs-media Praxistipp: Über eine mögliche Insolvenz der Investment-Bank Lehman Brothers wird im Internet schon seit Anfang Juni 2008 spekuliert (z.B. Wallstreet-Online). Wer zu diesem Zeitpunkt über seine Hausbank entsprechende Zertifikate von Lehman geordert hat, kann daher möglicherweise Schadensersatz wegen Falschberatung fordern. Für die Mehrheit der Besitzer von Lehman-Zertifikaten dürfte es dagegen zu erheblichen finanziellen Einbußen kommen - bis hin zum möglichen Totalverlust des eingesetzten Kapitals. Dies wäre dann der erste Fall seit der Einführung des Zertifikatehandels in Deutschland vor etwa 20 Jahren, dass Anleger deshalb Verluste erleiden, weil der Emittent zahlungsunfähig geworden ist.

Wegen der unsicheren Rechtsposition von Zertifikate-Anlegern hatte die urbs-media Redaktion in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um eine vergleichsweise unsichere Anlageform mit doppeltem Risiko handelt. Denn der Anleger verdient nur dann Geld, wenn sich der zugrundeliegende Basiswert (z.B. ein Aktienindex) in die gewünschte Richtung entwickelt und gleichzeitig der Emittent bei Fälligkeit auch über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügt, um das Papier einzulösen. Statt Indexzertifikaten empfehlen Anlageexperten daher generell Index-Fonds, weil diese als juristisches Sondervermögen von einem Konkurs des Anbieters in ihrem Wert nicht beeinträchtigt werden.

Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen empfiehlt es sich, derzeit Aktien und ähnliche Wertpapiere generell zu meiden. Zwar empfehlen viele Anlageberater derzeit unter Hinweis auf die in Deutschland ab 1.1.2009 geltende Abgeltungssteuer unbedingt noch vor dem Ende des Jahres 2008 in Aktienfonds bzw. Dachfonds zu investieren, um von der so genannten Altanlagenregelung zu profitieren. Das Argument der Steuerfreiheit von Kursgewinnen für Anlagen vor dem Stichtag 1.1.2009 wiegt jedoch wenig, wenn die Aktienkurse weiter fallen.

Der Fall Lehman und die Fast-Insolvenz der US-Versicherung AIG waren trotz der 700 Mrd.-Dollar-Spritze der US-Regierung mit Sicherheit noch nicht das Ende der Finanzkrise. Ganz im Gegenteil, jetzt drohen auch in Europa und speziell in England erste Pleiten bei Banken und Versicherungen. Für die Anleger in Deutschland ist es daher besonders wichtig, auf eine unbeschränkte Sicherung ihrer Einlagen im Falle der Insolvenz zu achten. Und da gibt es inzwischen sogar Zweifel, ob der deutsche Einlagensicherungsfonds derzeit überhaupt über ausreichende liquide Mittel verfügt, um die Spareinlagen der deutschen Lehman-Filiale in Frankfurt abzusichern. Gegenwärtig hat dieser Fonds nach Auskunft des Finanzministeriums nämlich gerade einmal einen Bestand von 4,6 Mrd. Euro, wovon jedoch bereits etwa 950 Mio. Euro für die IKB-Pleite reserviert sind. Das restliche Geld deckt folglich noch nicht einmal die erwarteten 6 Mrd. Euro Entschädigungsleistungen für die Kunden der Frankfurter Lehman-Filiale. Die deutschen Banken werden vermutlich schon bald erneut mit hohen Milliardenbeträgen zur Kasse gebeten, um den deutschen "Feuerwehrfonds" wieder liquide zu machen.



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