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Die negativen Auswirkungen der US-Hypothekenkrise treffen jetzt auch den deutschen Finanzmarkt


urbs-media, 6.8.2007: Während in Deutschland Hypotheken praktisch ausschließlich zur Finanzierung von Immobilien eingesetzt werden, dient der Kredit auf das eigene Haus in den USA häufig auch zur Finanzierung der laufenden Konsumausgaben. Der Hintergrund für diese Entwicklung ist, dass die Immobilienpreise in den Vereinigten Staaten während der letzten Jahre rasant gestiegen sind. Den Hausbesitzern in Amerika wurde deshalb von den Kreditinstituten praktisch regelmäßig nahegelegt, ihre Hypothek entsprechend den gestiegenen Grundstückspreisen zu erhöhen. Leben und konsumieren auf Pump ist in den USA folglich viel mehr verbreitet als in Deutschland. Kein Wunder, dass bei dieser Hypotheken-Praxis der US-Banken nicht nur erstklassige Schuldner, sondern auch einkommensschwache Bevölkerungskreise mit Krediten geradezu überhäuft wurden.

1. Die Ursachen der amerikanischen Hypothekenkrise

Diese Entwicklung war volkswirtschaftlich so lange risikolos, wie die Immobilienpreise ständig neue Höchststände erreichten und die Bankschulden notfalls durch eine Veräußerung der belasteten Häuser getilgt werden konnten. Dieses System der Refinanzierung brach aber jäh zusammen, als die Hauspreise in den USA ein Niveau erreichten, zu dem es kaum noch Käufer gab. Die gestiegenen Hypothekenzinsen in den USA sorgen jetzt zusätzlich dafür, dass die Immobilienpreise deutlich sinken und viele Hypotheken nicht mehr durch den Grundstückswert abgesichert sind. In der Fachsprache spricht man hier vom so genannten "Subprime-Bereich" also von den schlechten Risiken.

Da die großen Hypothekenbanken in Amerika diese Entwicklung schon seit mehr als einem Jahr kommen sahen, wurden viele dieser Subprime-Kredite" in einer Art Fonds zusammengefasst und an fremde Investoren (darunter viele Hedgefonds und ausländische Banken) verkauft, darunter z.B. auch zwei australische Hedgefonds (Absolute Capital Yield Strategies Fund und den Absolute Capital Strategies Fund NZD), die kürzlich einen Totalverlust zugeben mussten.

2. Ein erstes Opfer der Fehlspekulation auch in Deutschland

Jetzt hat die US-Hypothekenkrise mit der IKB-Mittelstandsbank (Deutsche Industriebank AG mit Sitz in Düsseldorf) erstmals ein deutsches Opfer gefunden. Die IKB hatte sich sehr stark in dem Fonds Rhineland Funding Capital Corporation (RFCC) engagiert, der besonders stark im Subprime-Bereich (faule Hypothekendarlehen) investiert ist. Um die Schließung der IKB abzuwenden, sah sich deren Hauptanteilseigner KfW - die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau - jetzt genötigt, der IKB mit 8,1 Mrd. Euro unter die Arme zu greifen.

Es gibt inzwischen massive Indizien dafür, dass die US-Hypothekenkrise weltweit zu einem Zinsanstieg führen wird, weil die Kreditinstitute jetzt insbesondere bei zweifelhaften Darlehensnehmern das Ausfallrisiko neu bewerten und entsprechende Risikozuschläge verlangen werden. Schon jetzt haben einige Rating-Agenturen (z.B. Standard & Poor's und Moody's) die Bonitätsbewertung für Anleihen mit Subprime-Hypotheken) gesenkt. In diesem Zusammenhang erklärte Klaus Stopp von der Baaderbank gegenüber dem Informationsdienst Stockworld: "Das Verlustpotenzial durch Downratings wird zurzeit auf ca. 250 Mrd. US-Dollar geschätzt."

3. Weitere Pleitekandidaten stehen bereits fest

Insgesamt sollen inzwischen deutlich mehr als 20 Prozent der US-Hypotheken zum so genannten Subprime-Bereich gehören. Hier drohen in den USA also in Zukunft zahlreiche Zwangsversteigerungen und damit ein weiterer Rückgang der Immobilienpreise, wodurch der Anteil nicht mehr ausreichend besicherter Immobilienkredite noch weiter steigen wird. Ob das US-Finanzsystem derartige Ausfälle ohne größere Verwerfungen überstehen wird, kann derzeit noch nicht klar beantwortet werden. Zumindest im amerikanischen Baubereich gibt es bereits jetzt schon einem massiven Stellenabbau; allein im Juni 2007 haben dort nach Aussage der FAZ über 60.000 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren. Hier rechnen Experten noch mit weit größeren Jobverlusten in den USA, wenn sich die Hypothekenkrise in einigen Monaten erst einmal voll auf die Auftragslage der Baubranche auswirken wird. Und mit der Hypothekenbank "American Home Mortage" hat die Finanzkrise bei den amerikanischen Immobilienfinanzierern am 1.8.2007 ein erstes prominentes Opfer in den USA gefunden.

Klare Informationen darüber, ob in Deutschland neben der IKB noch weitere Banken und Sparkassen im US-Hypothekenbereich investiert sind, gibt es derzeit kaum. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch andere deutsche Kreditinstitute entsprechende Verluste erleiden werden. "Dort sei der Anteil dieser US-Papiere im Vergleich zu anderen Anlagearten allerdings hoffentlich nicht so groß wie bei der IKB", so der Bankexperte Wolfgang Gerke (Lehrstuhl für Bank- und Börsenwesen in Nürnberg).

Anleger sollten deshalb derzeit festverzinsliche Wertpapiere bevorzugen. Der jüngste Kursanstieg des Bund-Futures und die Verluste am Deutschen Aktienmarkt beweisen, dass auch institutionelle Anleger in großem Stiel ihre Vermögen in sichere Staatspapiere umschichten.

4. Rezessionsgefahr für Deutschland

Der Konjunktur in Deutschland droht derzeit insbesondere Gefahr vom weiter rückläufigen privaten Konsum. Im Gegensatz zu den in den Medien verbreiteten Jubelmeldungen über den angeblichen Kaufrausch der Deutschen sieht die statistisch ungeschminkte Realität nämlich ganz anders aus: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ging der Umsatz im Deutschen Einzelhandel im Juni 2007 im Vergleich zum Vormonat um 0,2 Prozent zurück, preisbereinigt liegt das Minus sogar bei 0,8 Prozent. Auf das 1. Halbjahr 2007 umgerechnet liegt das Umsatzminus im deutschen Einzelhandel bei 0,8 Prozent, preisbereinigt sanken die Umsätze sogar um 1,5 Prozent.

Besonders hart hat der Mehrwertsteuerschock zum 1.1.2007 die deutschen Autohändler getroffen. Bundesweit wurden im ersten Halbjahr 2007 insgesamt 9,2 Prozent weniger Neuwagen verkauft. Für das Gesamtjahr rechnet man mit einem Rückgang der Neuzulassungen in Deutschland in Höhe von ca. 300.000 Autos. Dieser Käuferstreik geht hauptsächlich von den Privatkunden aus, deren Anteil an den Neuwagenkäufern binnen Jahresfrist von 47 Prozent auf nur noch 37 Prozent absackte.

Die derzeit gute Automobilkonjunktur in Deutschland hat ihre Ursache also ausschließlich darin, dass im Ausland die Nachfrage nach Fahrzeugen "Made in Germany" enorm angestiegen ist, weil die Verbraucher dort im Gegensatz zu den Deutschen über die entsprechenden Geldmittel verfügen. Im Inland sind Neuwagen derzeit dagegen nur noch mit einem durchschnittlichen Rabatt von 17 Prozent an den Mann (oder die Frau) zu bringen. Ernst Robert Nouvertné, Präsident des Kfz-Gewerbes in Nordrhein-Westfalen, erwartet deshalb im kommenden Jahr eine Pleitewelle bei den deutschen Autohäusern.



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