aktuelle Infos
aktuelle
Infos
urbs - media
http://www.urbs.de
zur Startseite von urbs-media   Homepage
Übersicht der archivierten Beiträge   Übersicht

Der Bundesgerichtshof erlaubt die Zwangsverschmelzung von T-Online mit der Deutschen Telekom


urbs media, 5.6.2006: Im Mai 2005 hatten wir an dieser Stelle darüber berichtet, dass die Deutsche Telekom auf ihrer Hauptversammlung gegen den erbitterten Widerstand der Kleinaktionäre die so genannte Wiedereingliederung (in Wirklichkeit Zwangsverschmelzung) der Internetsparte T-Online in den Telekom-Konzern durchgesetzt hatte. Den Aktionären von T-Online wurde damals ein Umtausch der T-Online-Aktien im Verhältnis 0,52 : 1 in Aktien der Deutschen Telekom angeboten.

Insbesondere diejenigen Anleger, die beim Börsengang von T-Online im April des Jahres 2000 den Ausgabepreis von 27 Euro für eine T-Online-Aktie an die Telekom gezahlt hatten, empfanden die Zwangsverschmelzung und dieses Umtauschangebot als einen schlechten Witz und haben mit Unterstützung der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) gegen den Hauptversammlungsbeschluss Klage erhoben. Kernpunkt der Kritik der Kleinaktionäre ist dabei der Umstand, dass sich die Telekom durch die Zwangsverschmelzung auf Kosten der Aktionäre um einen Milliardenbetrag bereichere. T-Online habe einen weit höheren Marktwert, als es der derzeitige Aktienkurs von T-Online von ca. 7,40 Euro wiederspiegelt.

Der Bundesgerichtshof hat jetzt am 29.5.2006 entschieden, dass die Verschmelzung von T-Online mit der Telekom in das Handelsregister eingetragen werden darf. Wenn sich nachträglich im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass die zwangsweise Verschmelzung rechtswidrig ist, können die betroffenen T-Online Aktionäre von der Telekom nur noch Schadensersatz verlangen.

(BGH, Beschluss vom 29.5.2006 - II ZB 5/06)

urbs-media Praxistipp: Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) rät auch weiterhin allen Kleinaktionären, das Umtauschangebot der Telekom im Verhältnis 0,52 : 1 nicht anzunehmen, weil der gebotene Preis viel zu niedrig ist. So hält z.B. Jürgen Kurz vom DSW ein Umtauschverhältnis 1 : 1 für angemessen. In dem laufenden Spruchstellenverfahren versuchen die Aktionärsschützer daher, einen höheren Preis zu erreichen. Obwohl eine rechtskräftige Entscheidung in dieser Angelegenheit noch mehrere Jahre dauern kann, sollten die Aktionäre von T-Online daher ihre Anteile der Telekom nicht zu einem Spottpreis überlassen.

Auf den Punkt gebracht: Wer Anfang des Jahres 2000 sein Geld auf dem Girokonto gelassen hätte anstelle sich z.B. für 10.000 Euro insgesamt 370 T-Online-Aktien zu kaufen, der hätte jetzt immer noch sein ungeschmälertes Kapital. Wer hingegen den Versprechungen der Telekom bei der Ausgliederung von T-Online geglaubt hat, der hat statt seiner im Regelfall sauer verdienten 10.000 Euro jetzt nur noch etwa 2.738 Euro für seine Altersvorsorge.

Die Vorgänge um T-Online bewiesen, dass es keine Volksaktien gibt. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Staat oder eine ehemalige Muttergesellschaft weiterhin Anteile an ausgegliederten Unternehmen hält (wie z.B. bei der Deutschen Bahn AG). Bei den dann auftretenden Interessenkonflikten ziehen die Kleinanleger in Deutschland regelmäßig den kürzeren. Kapitalanleger können aus dem Skandal um T-Online vor allem lernen, dass die Beteiligung an Unternehmen, bei denen es nur einen oder wenige Großaktionäre gibt, besonders risikoreich ist. Nicht nur dass man als Anleger dann das Kursrisiko trägt, man muss auch immer damit rechnen, dass bei positiven wirtschaftlichen Aussichten die Großaktionäre beschließen, den Kleinanlegern schlichtweg den Stuhl vor die Tür zu setzen. Börsengänge in Deutschland verlaufen offensichtlich überwiegend immer noch nach dem Muster: Die Verluste für die Kleinanleger, die Gewinne für die Großkonzerne. Und je mehr Werbung für einen Börsengang gemacht wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, als Anleger bei der Zeichnung von Aktien Verluste zu erleiden.



urbs-media GbR
http://www.urbs.de