aktuelle Infos
aktuelle
Infos
urbs - media
http://www.urbs.de
zur Startseite von urbs-media   Homepage
Übersicht der archivierten Beiträge   Übersicht

Der Bundesgerichtshof verbietet den Abzug von Stornogebühren bei der vorzeitigen Kündigung von Lebensversicherungen


urbs-media, 14.11.2005: In Deutschland gibt es derzeit etwa 92 Mio. Versicherungsverträge in der Form einer Kapitallebensversicherung. Was hier auf den ersten Blick wie eine gute Absicherung der Bevölkerung aussieht, entpuppt sich in der Praxis für die Versicherten jedoch als gewaltige Kapitalvernichtung. Denn in nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft wird von den in Deutschland abgeschlossenen Kapitallebensversicherungen gerade einmal die Hälfte der Verträge bis zum Vertragsende durchgehalten. Mit anderen Worten: 50 Prozent der Versicherungsnehmer sehen sich gezwungen, ihren Vertrag vorzeitig zu kündigen. Der Bund der Versicherten spricht in diesem Zusammenhang sogar von einer Abbrecherquote in Höhe von ca. 80 Prozent.

Den Betroffenen entstehen hierdurch jährlich Schäden in Milliardenhöhe, denn selbst nach einer Vertragsdauer von 19 Jahren kann der von den Versicherungsunternehmen ermittelte Rückkaufswert weniger als die bis dahin eingezahlten Prämien betragen. Und wer seinen Vertrag innerhalb der ersten Jahre kündigt, der erhält häufig sogar keine Rückzahlung; seine Prämien einschließlich der Sparanteile wandern somit in voller Höhe in die Taschen der Versicherungsunternehmen und der Vermittler.

Der Bundesgerichtshof hat jetzt nach einem jahrelangen Rechtsstreit entschieden, dass die von den Versicherungsunternehmen praktizierte Berechnungsmethode für den Rückkaufswert unzulässig ist. Insbesondere dürfen die Versicherungsunternehmen bei einer vorzeitigen Vertragsbeendigung vom Rückkaufswert keine Stornokosten abziehen. Wie der Rückkaufswert aber konkret zu berechnen ist, diese Frage ist auch nach den jüngsten BGH-Urteilen weiterhin unklar. Zwar heißt es in der Urteilsbegründung, dem Versicherten müsse bei einer vorzeitigen Kündigung ein Mindestbetrag seiner eingezahlten Prämien erstattet werden, wie sich dieser Mindestbetrag jedoch zu errechnen hat, dies bleibt weiterhin unklar. Weitere Prozesse um den Rückkaufswert sind somit vorprogrammiert.

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.10.2005 - IV ZR 162/03, IV ZR 177/03 und IV ZR 245/03)

urbs-media Praxistipp: Die genannten BGH-Urteile betreffen alle diejenigen Lebensversicherungsverträge, die ab dem Jahr 2001 abgeschlossen wurden. Experten gehen davon aus, dass etwa drei Mio. Kunden nunmehr darauf hoffen können, für ihre gekündigten Versicherungsverträge nachträglich einen höheren Rückkaufswert zu erhalten. Nach Berechnungen des Wirtschaftsmagazins Kapital geht es dabei insgesamt um einen hohen dreistelligen Millionenenbetrag.

Dass auch nach den Regeln der Bundesregierung zertifizierte Verträge nach dem Riester-Modell die Versicherungsnehmer entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, beweist ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9.11.2005 (IV ZR 63/04). Auch hier ist es unzulässig, bei einer vorzeitigen Vertragsbeendigung vom Rückkaufswert einen Storno-Abzug vorzunehmen.

Im Ergebnis spricht eigentlich alles gegen den Abschluss einer Kapital-Lebensversicherung, da inzwischen auch die bisherigen steuerlichen Vorteile von der Bundesregierung gestrichen wurden.



urbs-media GbR
http://www.urbs.de