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Einführung der neuen Eigenkapitalrichtlinie für Kreditinstitute (Basel II) wird sich weiter verzögern


urbs-media, 13.10.2003: Nach den ursprünglichen Plänen des "Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht" sollten ab Anfang 2004 für die Eigenkapitalausstattung der Banken und Sparkassen neue einheitliche Regelungen über das Verhältnis von Eigenkapital der Kreditinstitute zu den ausgeliehenen Krediten gelten. Dieser Basel II genannte Entwurf wurde jedoch inzwischen mehrfach überarbeitet. Auch gegenwärtig verlangen insbesondere die Kreditinstitute aus den Vereinigten Staaten von Amerika weitere Änderungen. Daher gilt in Bankkreisen auch der auf Anfang 2007 verschobene Start von Basel II als sehr unwahrscheinlich. Vermutlich werden die neuen Eigenkapitalrichtlinien daher frühestens zum Beginn des Jahres 2008 in Kraft treten. Konkret verlangen die Amerikaner nach einem Bericht des Handelsblatts vom 18.9.2003, dass lediglich unerwartete Kreditausfälle mit Eigenkapital unterlegt werden müssen, nicht aber erwartete Verluste. Diese von den amerikanischen Kreditinstituten geforderte Änderung würde relativ weitrechende Anpassungen des gesamten Regelwerks erforderlich machen.

Nach den gegenwärtigen Regeln für die Kreditvergabe (Basel I) müssen die Banken und Sparkassen bei Unternehmenskrediten ein Eigenkapital in Höhe von 8 Prozent der Kreditsumme als haftendes Eigenkapital hinterlegen. Dementsprechend ist pro ausgeliehener Darlehenssumme von 100 Euro ein Eigenkapital von 8 Euro erforderlich. Nach der Neuregelung soll die Höhe der Eigenkapitalunterlegung von der individuellen Bonität des Schuldners abhängig gemacht werden. Mit anderen Worten: Das Rating eines Unternehmens entscheidet dann nicht nur darüber, ob überhaupt ein Kredit gewährt wird, sondern zusätzlich auch über die Höhe der zu zahlenden Schuldzinsen.

Nach dem vorliegenden Entwurf von Basel II wird es bei den Unternehmenskrediten vier unterschiedliche Risikoklassen geben:

  • Unternehmen mit sehr guter Bonität
  • Unternehmen mit guter Bonität
  • Unternehmen mit mittlerer Bonität
  • Unternehmen mit schlechter Bonität

Hierbei bleibt es auch bei der Neuregelung bei dem Grundsatz, dass Kredite mit 8 Prozent Eigenkapital unterlegt werden müssen. Dieser Prozentsatz gilt jedoch nur für Schuldner mit mittlerer Bonität. Bei Krediten an Unternehmen, die ein besseres Rating (also eine gute oder sehr gute Bonität) haben, ermäßigt sich das zu hinterlegende Eigenkapital entsprechend. Andererseits gibt es für Schuldner mit schlechter Bonität einen Risikozuschlag in Höhe von 50 Prozent. Zusammengefasst sieht der Entwurf von Basel II folgende Prozentsätze des zu hinterlegenden Eigenkapitals von der Kreditsumme vor:

Bonitätdes Schuldners
(Rating)
Risikogewichtung zu hinterlegendes
Eigenkapital
sehr gute Bonität 20 Prozent 1,6 Prozent
gute Bonität 50 Prozent 4 Prozent
mittlere Bonität 100 Prozent 8 Prozent
schlechte Bonität 150 Prozent 12 Prozent

Im ursprünglichen Vertragsentwurf war vorgesehen, dass die Bonität der Schuldner zwingend durch eine externe Rating-Agentur festzustellen war. Nach dem aktuellen neuen Entwurf sollen jetzt neben externen Ratings auch bankinterne Ratings gleichermaßen anerkannt werden.

Experten vermuten, dass die überwiegende Mehrzahl der kleinen und mittleren Betriebe in Deutschland allenfalls ein durchschnittliches Kredit-Rating erhalten wird. Damit droht vielen Unternehmen dann eine Erhöhung der Zinslast, weil sich die Banken und Sparkassen bemühen werden, insbesondere Betriebe mit guter und sehr guter Bonität als Kreditnehmer zu gewinnen. Mit derartigen Darlehen lässt sich nämlich ein deutlich besseres Kreditgeschäft betreiben als mit Schuldnern, für die ein vergleichsweise hoher Eigenkapitalanteil reserviert werden muss. Mit anderen Worten: Für die Kreditnehmer mit nur mittlerer oder mit schlechter Bonität wird der zur Verfügung stehende Kreditbetrag daher kleiner, was dann zwangsläufig für diese Schuldner zu höheren Zinsen führen wird.

Beispiel: Unternehmer A hat eine sehr gute Bonität. Für einen Kredit muss seine Hausbank nur 1,6 Prozent der Kreditsumme als Eigenkapital hinterlegen. Bei einem Darlehen über 1 Mio. Euro ist dies ein Betrag von lediglich 16.000 Euro. Wenn Unternehmer B mit einer lediglich mittleren Bonität ein gleichartiges Darlehen aufnehmen will, sind hierfür dagegen bereits 80.000 Euro als Eigenkapital zu hinterlegen, also exakt 5 mal mehr als bei einem Schuldner mit sehr guter Bonität.

urbs-media Praxistipp: Auch wenn sich die Einführung der neuen Eigenkapitalrichtlinie wegen des Widerstands us-amerikanischer Kreditinstitute vermutlich weiter verzögert, wirft Basel II in der Bundesrepublik bereits seine Schatten voraus. Denn die Kreditinstitute verschärfen bereits jetzt ihre Vergaberichtlinien für Darlehen. So hat sich z.B. die Bundesbank festgestellt, dass sich die Summe der neu gewährten Darlehen im zweiten Quartal 2003 im Vergleich zum ersten Quartal um 1,7 % verringert hat. Im übrigen Europa hat die Europäische Zentralbank dagegen eine Zunahme der Unternehmenskredite um 1,6 % errechnet.

Insbesondere für die Unternehmen in Deutschland bedeutet dies, dass die Kreditinstitute bereits jetzt im Vorgriff auf Basel II verstärkt auf die Bonität der Schuldner achten. Verweigerte Kredite oder gekürzte Kreditlinien sind deshalb inzwischen an der Tagesordnung. Dies gilt insbesondere für die großen Banken, während die Sparkassen bei ihren Finanzierungszusagen im Regelfall bisher noch vergleichsweise großzügig vorgehen. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen bedeutet dies, dass sie sich besser auf Kreditgespräche mit Banken und Sparkassen vorbereiten müssen. Dabei ist Kenntnis über die internen Rating-Kriterien der Kreditinstitute besonders wichtig, um im Zweifelsfall "die richtigen Antworten geben zu können". So betrachtet kann sich ein externes Rating für Betriebe durchaus lohnen, erfahren sie hierdurch doch ihre Schwachstellen und können entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen. Hierbei ist davon auszugehen, dass die Kosten für ein derartiges externes Rating für kleine und mittlere Unternehmen im Regelfall zwischen 2.500 Euro und 20.000 Euro liegen.



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