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Bundesfinanzministerium verschärft steuerliche Behandlung von Aktienanleihen


urbs-media, 18.6.2001: Aktienanleihen unterscheiden sich von anderen festverzinslichen Wertpapieren vor allem dadurch, dass der Emittent der Anleihe sich das Recht vorbehält, dem Zeichner der Anleihe am Fälligkeitstag statt des eingezahlten Kapitals eine festgelegte Anzahl von Aktien eines bestimmten Unternehmens zu liefern, wenn der Aktienkurs einen zuvor festgelegten Mindestwert unterschreitet. Der Anleger trägt also das Risiko, dass die entsprechende Aktie im Kurs fällt. Als Ausgleich für dieses Kursrisiko liegt der laufende Zinssatz der Aktienanleihe deutlich über dem Zinssatz für Bundesanleihen und beträgt nicht selten 15 Prozent oder mehr.

Bisher waren bei derartigen Aktienanleihen Kursgewinne nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist steuerfrei. Der Zinsabschlagsteuer unterlagen daher nur die Zinszahlungen, die der Sparer als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuern musste, wenn er keinen Freistellungsauftrag gestellt hatte oder wenn der Sparerfreibetrag (3.100 DM für Ledige und 6.200 DM für zusammenveranlagte Ehegatten) bereits ausgeschöpft war.

Seit März 2001 gelten nach einem aktuellen Erlass des Bundesfinanzministeriums für Aktienanleihen deutlich verschärfte Steuerregeln (BMF-Schreiben vom 2.3.2001; IV C1 - S 2252 - 56/01). Nunmehr sind neben den Zinserträgen auch eventuelle Kursgewinne als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern. Mit anderen Worten: Auch die bei anderen Anlageformen nach Ablauf von einem Jahr steuerfreien Spekulationsgewinne werden bei Aktienanleihen jetzt der Kapitalertragsteuer unterworfen.

    Beispiel: Ein Anleger erwirbt eine mit 14 Prozent verzinsliche Aktienanleihe zum Nennwert von 10.000 Euro. Der aktuelle Kurswert beim Kauf beträgt 80 Prozent, also insgesamt 8.000 Euro.

    Im Fälligkeitszeitpunkt wird die Anleihe zum Nennwert (10.000 Euro) getilgt. Hinzu kommt noch eine Zinszahlung von 1.400 Euro (14 Prozent von 10.000 Euro). Hier muss der Anleger sowohl die Zinsen in Höhe von 1.400 Euro und zusätzlich den Kursgewinn von 2.000 Euro als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuern.

    Der Kursgewinn bei Aktienanleihen ist dabei auch dann voll steuerpflichtig, wenn die Spekulationsfrist von einem Jahr abgelaufen ist. Denn die Finanzverwaltung behandelt Aktienanleihen als sogenannte Finanzinnovationen, bei denen grundsätzlich alle Einnahmen voll steuerpflichtig sind.

urbs-media Praxistipp: Abgesehen von der nachteiligen steuerlichen Behandlung von Aktienanleihen setzen sich Anleger beim Erwerb von Aktienanleihen einem ganz erheblichen Verlustrisiko aus. Gerade in den letzten Monaten haben zahlreiche Anleger mit Aktienanleihen wegen der erheblich gesunkenen Börsenkurse herbe Verluste erlitten. Dies hat zwangsläufig zu einem merklichen Rückgang des Interesses an Aktienanleihen geführt.

Hierauf hat die Kreditwirtschaft mit einer neuen Form von Aktienanleihen reagiert, den sogenannten Protect-Aktienanleihen. Derartige Aktienanleihen mit Sicherheitspolster gegen Kursverluste werden in zwei unterschiedlichen Formen angeboten:

  • Aufschiebend bedingte Rückzahlungsgarantie

    Bei Aktienanleihen mit einer aufschiebend bedingten Rückzahlungsgarantie wird die Garantie nur dann wirksam, wenn die Aktie innerhalb der Vertragslaufzeit zumindest einmal einen bestimmten Mindestkurs (den sogenannten Protect-Preis) erreicht oder überschreitet.

    Beispiel 1: Eine Aktienanleihe auf Siemens (WKN 633167) mit einem Zinssatz von 12 Prozent wird dem Anleger nur dann in voller Höhe zurückgezahlt, wenn die Aktie der Siemens AG am 24.5.2002 den Basispreis von 125 Euro nicht unterschreitet. Andernfalls erhält der Anleger für jeweils 5.000 Euro Anlagebetrag exakt 40 Siemens Aktien gutgeschrieben. Lediglich dann, wenn die Siemens-Aktie während der Vertragslaufzeit wenigstens einmal über 150 Euro gestiegen ist, wird dem Anleger die Rückzahlung der Anleihe zum Nominalbetrag von 5.000 Euro unabhängig vom aktuellen Kurs der Siemens-Aktie am Stichtag garantiert.

    Bei dieser Form der Protect-Aktienanleihe muss der Schutz vor Kursverlusten also zunächst noch verdient werden. Nur wenn der Aktienkurs zunächst zumindest bis zum Protect-Preis steigt, kommt der Anleger in den Genuss der Garantie, bei fallenden Kursen am Fälligkeitstag keine Aktien zu erhalten. Liegt dieser Protect-Preis wie im Beispielsfall unangemessen hoch, ist die Rückzahlungsgarantie unserer Meinung nach praktisch wertlos.

  • Auflösend bedingte Rückzahlungsgarantie

    Bei Aktienanleihen mit auflösend bedingter Rückzahlungsgarantie erlischt die Garantie nur dann, wenn der Aktienkurs unter eine bestimmte Marke fällt. Das Entstehen der Garantie ist also nicht wie im Beispiel 1 davon abhängig, dass die Aktie zunächst im Kurs stark ansteigt.

    Beispiel 2: Eine Aktienanleihe auf Siemens (WKN 635216) mit einem Zinssatz von 13 Prozent wird dem Anleger nur dann in voller Höhe zurückgezahlt, wenn die Aktie der Siemens AG am 5.6.2002 den Basispreis von 121,95 Euro nicht unterschreitet. Andernfalls erhält der Anleger für jeweils 5.000 Euro Anlagebetrag exakt 41 Siemens Aktien gutgeschrieben. Solange die Siemens-Aktie jedoch während der Vertragslaufzeit nicht unter den Protect-Preis von 88 Euro gefallen ist, wird dem Anleger die Rückzahlung der Anleihe zum Nominalbetrag von 5.000 Euro unabhängig vom aktuellen Kurs der Siemens-Aktie am Stichtag garantiert.

    Bei dieser Vertragskonstruktion gilt die Garantie zunächst ohne Einschränkungen und erlischt nur bei einem besonders starkem Kursrückgang der Aktie auf oder unter den Protect-Preis. Je niedriger dieser Protect-Preis angesetzt wird, desto werthaltiger ist die Rückzahlungsgarantie. Bei der Siemens-Aktienanleihe ist diese Garantie der Rückzahlung zum Nominalwert inzwischen erloschen, weil der Kurs der Siemens-Aktie unter den Protect-Preis von 88 Euro gesunken ist.

Unter Abwägung aller Aspekte können wir insbesondere wegen der nachteiligen steuerlichen Behandlung eigentlich nicht zum Erwerb von Aktienanleihen raten. Wenn Anleger ihr Kapital unbedingt in Aktienanleihen anlegen wollen, sollten sie sich dann jedenfalls auf die sogenannten Protect-Anleihen beschränken. Und hier sind die im Beispiel 2 genannten Produkte mit einer auflösend bedingten Rückzahlungsgarantie unserer Meinung nach den im Beispiel 1 genannten Aktienanleihen mit aufschiebend bedingter Rückzahlungsgarantie vorzuziehen.

Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich zwischen dem sogenannten Protect-Preis und dem aktuellen Aktienkurs noch ein ausreichender Sicherheitsabstand befindet. Aber an der Börse ist derzeit nichts unmöglich, insbesondere wenn es um neue Tiefststände geht.



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