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Hinweise für Kapitalanleger zur drohenden Auflösung und Zusammenlegung von Investmentfonds


urbs-media, 4.11.2002: In Deutschland werden derzeit etwa 5.400 Fonds angeboten. Neben zahlreichen neu aufgelegten Fonds verschwanden im Jahr 2001 in der Bundesrepublik auch über 100 Fonds vom Markt. Im laufenden Kalenderjahr 2002 rechnen Experten damit, dass diese Zahl auf über 200 steigen wird. Die Anleger sollten sich daher rechtzeitig mit dem Gedanken vertraut machen, dass auch ihr Investmentfonds plötzlich "dichtgemacht" werden könnte.

Fondsschließungen gibt es vor allem im Bereich der Neue-Markt-Fonds sowie bei den Branchenfonds. Ursache hierfür ist insbesondere das nachlassende Interesse der Anleger an den Themen Telekommunikation, Internet, Logistik oder Medien sowie generell die wenig hoffnungsvolle Situation am Neuen-Markt.

Ganz akut von einer Schließung bedroht sind insbesondere diejenigen Fonds, deren verwaltetes Vermögen unter 5 Mio. Euro liegt. Denn in diesem Fall deckt die jährliche Verwaltungsgebühr kaum noch die laufenden Kosten. Einige Experten nennen als kritische Grenze für die Rentabilität von Fonds sogar den Betrag von 10 Mio. Euro. Legt man diese Größe zugrunde, dann stehen bei etwa 10 Prozent der in Deutschland zugelassenen Investmentfonds die Manager bald vor der Frage, ob sich angesichts sinkender Fondsvermögen der Verwaltungsaufwand noch lohnt.

urbs-media Praxistipp: Kein Grund für eine Fondsschließung ist die Umfirmierung einer Investmentgesellschaft. Hier kommt es lediglich zu einer Umbenennung der Produkte. Dies hat für die Anleger aber keine praktische Bedeutung.

1. Auflösung von Investmentfonds

Ob und unter welchen Umständen ein Fonds aufgelöst wird, steht im alleinigen Ermessen der jeweiligen Fondsgesellschaft. Die Einzelheiten hierzu werden in Fondsprospekt festgelegt. Gesetzliche Regelungen gibt es lediglich zur zeitlichen Abfolge einer Fondsschließung (§ 13 und § 14 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften - KAGG).

Erforderlich ist zunächst die Mitteilung der Fondsgesellschaft an das Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin), dass man den Fonds schließen werde. Außerdem muss die zuständige Landeszentralbank von der geplanten Fondsschließung informiert werden. Der Beschluss über die bevorstehende Fondsschließung ist dann im Bundesanzeiger sowie entweder im jährlichen Rechenschaftsbericht des Fonds oder in dessen Halbjahresbericht bekannt zu machen.

Ab dieser Bekanntmachung im Rechenschaftsbericht oder im Halbjahresbericht läuft die dreimonatige Kündigungsfrist des § 13 Abs. 1 Satz 1 KAGG. Den Anlegern wird dann im Regelfall angeboten, entweder in einen anderen Fonds des Unternehmens zu wechseln oder sich den anteiligen Verteilungserlös auszahlen zu lassen.

urbs-media Praxistipp: Das Angebot zum kostenlosen Wechsel in einen anderen Fonds der Gesellschaft ist nicht zwingend vorgeschrieben. Wird der Wechsel von der Fondsgesellschaft nicht automatisch angeboten, sollten Sie unbedingt schriftlich nachfragen.

2. Fonds mit vertraglicher Laufzeitbegrenzung

Seit einigen Jahren gibt es in Deutschland sogenannte "Laufzeitfonds". Derartige Fonds werden automatisch am Laufzeitende liquidiert und das vorhandene Vermögen an die Anteilsinhaber ausgeschüttet. In der Praxis bieten die Kapitalanlagegesellschaften zum Ende der vereinbarten Laufzeit den Anlegern häufig einen Nachfolgefonds an.

Bei derartigen Fonds mit einer vertraglich festgelegten Laufzeit ist eine vorzeitige Kündigung durch die Kapitalanlagegesellschaft grundsätzlich ausgeschlossen. In Betracht kommt allenfalls ein Sonderkündigungsrecht aus wichtigem Grund. Ein derartiger Kündigungsgrund könnte z.B. die drohende Insolvenz der Fondsgesellschaft sein. In der Praxis ist ein derartiger Fall aber noch nie vorgekommen.

urbs-media Praxistipp: Bei Laufzeitfonds sollten die Anleger unbedingt beachten, dass bei einer Wiederanlage des Kapitals nach dem Ablauf der Fondslaufzeit erneute Transaktionskosten anfallen. Unter diesem Gesichtspunkt sind derartige Fonds als dauerhafte Kapitalanlage eher ungeeignet.

3. Zusammenlegung von Investmentfonds

Im deutschen Recht gibt es keine ausdrücklichen Vorschriften über die Fusion von Investmentfonds. Das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften enthält vielmehr ein sogenanntes Sacheinlageverbot. Dementsprechend geht die juristische Fachliteratur davon aus, dass eine Zusammenlegung von Investmentfonds bzw. die Übertragung des Vermögens eines Fonds auf einen anderen Fonds rechtlich nicht zulässig ist.

In dem ursprünglichen Entwurf des "Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes" gab es dann eine ausdrückliche Regelung zur Zulässigkeit der Verschmelzung von Investmentfonds. In § 21 KAGG sollte in Absatz 1 nämlich eigentlich folgender Satz 3 eingefügt werden:

Die Einbringung eines gesamten Sondervermögens nach diesem Gesetz ist zulässig, wenn
  • das übernehmende und das übernommene Sondervermögen von derselben Kapitalanlagegesellschaft verwaltet werden,

  • die Sondervermögen von derselben Depotbank verwahrt werden,

  • die Anlagegrundsätze und -grenzen sowie die Anlagepolitik für diese Sondervermögen nicht wesentlich voneinander abweichen,

  • die an die Kapitalanlagegesellschaft und die Depotbank zu zahlenden Vergütungen sowie die Ausgabeaufschläge und Rücknahmeabschläge nicht wesentlich voneinander abweichen,

  • am Übernahmetag die Werte des übernehmenden und des übernommenen Sondervermögens berechnet werden, das Umtauschverhältnis festgelegt wird, die Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten übernommen werden und der gesamte Vorgang vom Abschlussprüfer geprüft wird und

  • die Bankaufsichtsbehörde der Einbringung, bei der die Interessen der Anteilinhaber ausreichend gewahrt sein müssen, zugestimmt hat; sie kann die Zustimmung mit Nebenbestimmungen versehen.

Diese Textstelle wurde dann im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wieder aus der Gesetzesvorlage gestrichen. Das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz ist dann ohne eine entsprechende Regelung zur Fusion von Investmentfonds in Kraft getreten (BGBl I 2002, S. 2010).

Soweit derzeit einige Investmenthäuser die Fusion von kleineren Fonds mit größeren Investmentfonds angekündigt haben, handelt es sich hierbei um Fonds nach luxemburgischem Recht. Dort ist der Zusammenschluss von Investmentfonds gesetzlich zulässig.

urbs-media Praxistipp: Zumindest eine Investmentgesellschaft hat im Zuge dieser Fusion die automatische Umwandlung der Fondsanteile angekündigt. Wir halten ein derartiges Vorgehen für unzulässig. Denn Schweigen bedeutet im deutschen Recht keine Zustimmung, sondern vielmehr Ablehnung. Wir empfehlen allen Betroffenen, die mit den Modalitäten der Fusion nicht einverstanden sind, ihre Fondsanteile rechtzeitig vor dem Vollzug des Zusammenschlusses zu veräußern.

4. Steuerrechtliche Aspekte

Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist bei der Rückgabe von Fondsanteilen die steuerliche Spekulationsfrist zu beachten. Liegen daher zwischen der Anschaffung der Fondsanteile und der Fondsschließung weniger als 12 Monate, dann ist ein eventuell erzielter Gewinn voll steuerpflichtig.

urbs-media Praxistipp: Diese Gesetzesauslegung steht nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Investment- und Vermögensverwaltungs-Gesellschaften (BVI) im Widerspruch zu einem Urteil des Reichsfinanzhofs aus dem Jahre 1937. Hiernach ist der Zwangsumtausch von Wertpapieren kein steuerpflichtiger Vorgang. Dieses Urteil ist nach Auffassung des BVI auf die Schließung von Investmentfonds entsprechend anwendbar und betroffene Steuerpflichtige sollten gegen mögliche Steuerforderungen Einspruch einlegen.

5. Hinweise für die Praxis

Damit Anleger bei einer Schließung oder Zusammenlegung von Investmentfonds keine finanziellen Nachteile erleiden, sollten unbedingt die nachfolgend genannten Punkte beachtet werden:

Nur in Fonds mit ausreichendem Anlagevolumen investieren

Anleger sollten sich bereits beim Kauf von Fondsanteilen über das jeweilige verwaltete Vermögen informieren. Liegt das Fondsvermögen unter 5 Mio. Euro, dann ist der Fonds unmittelbar von einer Schließung bedroht, wenn es in Zukunft keine erheblichen neuen Mittelzuflüsse gibt. Relativ sicher vor einer drohenden Fondsschließung sind Anleger lediglich dann, wenn das verwaltete Fondsvolumen deutlich über 10 Mio. Euro liegt.

Rechtzeitiger Verkauf schützt vor Verlusten

Wenn Anleger Informationen über die bevorstehende Schließung ihres Investmentfonds erhalten, sollten die entsprechenden Fondsanteile schnell verkauft werden. Dies gilt insbesondere für Aktienfonds und Mischfonds mit einem hohen Aktienanteil.

Im Regelfall geraten derartige Fonds durch die Mitteilung der bevorstehenden Auflösung unter erheblichen Verkaufsdruck, weil zahlreiche Anleger dann ihre Anteile veräußern und das Fondsmanagement zur Erhaltung der Liquidität ohne Rücksicht auf die aktuelle Kurshöhe erhebliche Aktienbestände verkaufen muss.

Angebote zum Tausch von Fondsanteilen kritisch prüfen

Wer dem Angebot der Fondsgesellschaft auf Umtausch der Anteile in einen anderen Fonds folgen will, sollte unbedingt darauf achten, dass die Gesellschaft beim Fondswechsel auf die Berechnung des Ausgabeaufschlags verzichtet. Ist dies nicht der Fall, gibt es eigentlich keinen Anlass, sein Geld weiterhin diesem Unternehmen anzuvertrauen.

In der Praxis kommt es auch vor, dass den Anlegern der kostenlose Tausch der Anteile in einen sogenannten "No-Load-Fonds" angeboten wird. Bei derartigen Fonds gibt es jedoch generell keine Ausgabeaufschläge, sondern stattdessen eine höhere prozentuale jährliche Verwaltungsgebühr. Wir halten derartige Tausch-Angebote im Regelfall für unseriös, weil die tauschwilligen Anlegern hierdurch keine echte Ersparnis erhalten.

Bei dem anstehenden Wechsel sollten die Anleger auch darauf achten, dass der neue Fonds über ein ausreichendes finanzielles Polster (Anlagevolumen von mindestens 10 Mio. Euro) verfügt. Denn sonst droht unter Umständen bereits nach kurzer Zeit ein erneuter zwangsweiser Wechsel.

Kostenloser Tausch in einen Wunschfonds ist Verhandlungssache

Im Regelfall wird den Anlegern bei einer Fondsschließung lediglich ein Fonds der Investmentgesellschaft genannt, in den der Anleger ohne Zahlung eines erneuten Ausgabeaufschlags wechseln kann. Hier lohnt es sich durchaus, mit der Fondsgesellschaft über den kostenlosen Wechsel in einen anderen als den vorgeschlagenen Fonds zu verhandeln.

Da die Investment-Gesellschaften ihre Kunden nicht verlieren wollen, werden derartige "Sonderwünsche" häufig großzügig behandelt. Die Fondsgesellschaften erlassen daher auf Nachfrage im Regelfall zumindest ein Teil des ansonsten fälligen Ausgabeaufschlags.



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