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Zweistellige Verzinsung und hohes Risiko bei Aktienanleihen


urbs-media, 12.6.2000: Auch in Deutschland ist es derzeit möglich, mit festverzinslichen Wertpapieren zweistellige Renditen zu erzielen, wenigstens in der Theorie. Hierbei handelt es sich um sogenannte Aktienanleihen, für die zuweilen Zinsen von 17 Prozent oder mehr angeboten werden.

Eine Aktienanleihe unterscheidet sich von anderen festverzinslichen Wertpapieren vor allem dadurch, dass der Emittent der Anleihe sich das Recht vorbehält, dem Zeichner der Anleihe am Fälligkeitstag statt des eingezahlten Kapitals eine festgelegte Anzahl von Aktien eines bestimmten Unternehmens zu liefern, wenn der Aktienkurs einen zuvor festgelegten Mindestwert unterschreitet.

Aktienanleihen können an der Börse wie andere Wertpapiere auch gekauft und verkauft werden und haben eine eigene Wertpapierkennummer. Wie das Verfahren in der Praxis aussieht und welche Risiken dem Anleger bei Aktienanleihen drohen, wollen wir an dem nachfolgenden aktuellen Beispiel demonstrieren:

  • Das Bankhaus Sal. Oppenheim bietet derzeit eine Aktienanleihe auf T-Online an. Die Verzinsung beträgt 17 Prozent bei einer Laufzeit von etwa 15 Monaten. Der Mindestanlagebetrag liegt bei 5.000 Euro.

    Bei der Fälligkeit der Anleihe am 3.8.2001 wird die Anleihe zum Nominalbetrag zurückgezahlt. Notiert jedoch die Namensaktie der T-Online International AG am 27.7.2001 unter dem Kurs von 38,17 Euro, so ist die Bank Sal. Oppenheim berechtigt, dem Anleger statt des Nennbetrags von 5.000 Euro 131 T-Online Aktien zu liefern. Die Verzinsung von 17 Prozent erfolgt unabhängig von der Kursentwicklung der Aktie.

  • Wie man unschwer ausrechnen kann, entspricht der festgelegte Mindestkurs der T-Online-Aktie von 38,17 Euro bei den genannten 131 Aktien exakt dem Betrag von 5.000 Euro. Fällt die Aktie der T-Online AG daher unter diesen Schwellenwert, erhält der Anleger auch nur einen geringeren Gegenwert für sein eingezahltes Kapital.

  • Der Kurs der T-Online Aktie liegt über 38,17 Euro
    Wenn der Kurs der Aktie der T-Online AG am 27.7.2001 über 38,17 Euro liegt, erhält der Anleger sein eingesetztes Kapital sowie die vereinbarten Zinsen in Höhe von 17 Prozent p.a. ausgezahlt. Für 15 Monate gibt es dann 1.062,50 Euro an Zinsen für jeweils 5.000 Euro Anlagebetrag. Insgesamt erhält der Anleger für eine Anlage von 5.000 Euro am 3.8.2001 dann 6.062,50 Euro zurück. Das eingesetzte Kapital hat sich entsprechend mit 17 % p.a. verzinst.

  • Der Kurs der T-Online Aktie liegt unter 38,17 Euro
    In diesem Fall erhält der Anleger die vereinbarten 131 Aktien der T-Online AG sowie die vereinbarten Zinsen in Höhe von 1.062,50 Euro. Der Ertrag seiner Anlage hängt dann ausschließlich vom jeweiligen Kurs der T-Online Aktie ab.

    • Der Aktienkurs liegt bei 35 Euro: In diesem Fall erhält der Zeichner der Aktienanleihe am 3.8.2001 für seine Anlage von 5.000 Euro Aktien im Gegenwert von 4.585,00 Euro sowie 1.062,50 Euro an Zinsen, insgesamt also 5.647,50 Euro. Die Verzinsung beträgt dann nur noch 10,36 % p.a.

    • Der Aktienkurs liegt bei 30 Euro: In diesem Fall erhält der Zeichner der Aktienanleihe am 3.8.2001 für seine Anlage von 5.000 Euro Aktien im Gegenwert von 3.930,00 Euro sowie 1.062,50 Euro an Zinsen, insgesamt also 4.992,50 Euro. Der Anleger hat damit statt der erhofften Zinserträge einen Verlust in Höhe von 7,50 Euro gemacht.
Wie die Gewinne bzw. Verluste aus Aktienanleihen steuerlich zu behandeln sind, hat die Finanzverwaltung noch nicht entschieden. Jedenfalls dürfte beim Verkauf von Aktien, die der Anleger anstelle seines Kapitals erhalten hat, keine erneute Spekulationsfrist von einem Jahr zu beachten sein. Dies hat der Bundesfinanzhof z.B. beim Tausch von Wandelschuldverschreibungen in Aktien und beim Umtausch von variabel verzinslichen Anleihen in festverzinsliche Anleihen so entschieden. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum der BFH bei Aktienanleihen von dieser Linie abweichen sollte, so dass als Anschaffungszeitpunkt von gelieferten Wertpapieren der Zeitpunkt der Zeichnung der Aktienanleihe gilt.

urbs-media Praxistipp: Da gegenwärtig die Zinsen für festverzinsliche Anleihen mit einer Laufzeit von 15 Monaten etwa zwischen 4 und 5 Prozent liegen, geht das Bankhaus Sal. Oppenheim bei der Ausgabe der Aktienanleihen auf T-Online mit einer Verzinsung von 17 % ersichtlich davon aus, dass der Kurs der T-Online Aktie zum Stichtag unter die Grenze von 38,17 Euro fällt. Denn das Ziel des Emittenten bei der Ausgabe von Aktienanleihen ist es, Gewinn zu machen. Daher wird der Schwellenwert für die Abfindung des Anlegers mit Aktien bewusst so festgelegt, dass der Kapitalanleger im Zweifelsfall auf der Verliererseite steht, wenn der Kurs nicht durch unvorhergesehene Einflüsse kräftig ansteigt.

Derartige Aktienanleihen sind aber nicht nur für den potentiellen Käufer derartiger Wertpapiere von Interesse. Generell sollte sich jeder, der eine Investition in Aktien plant, zuvor die Emissionsbedingungen von entsprechenden Aktienanleihen anschauen, soweit derartige Papiere für die jeweiligen Aktien auf dem Markt gehandelt werden. Denn der dort genannte Kurs zu einem bestimmten Stichtag ist das Ergebnis einer sorgfältigen Aktienanalyse. Daher ist davon auszugehen, dass aus den Bedingungen von Aktienanleihen die künftige Kursentwicklung im Regelfall zuverlässig abgelesen werden kann. Für die T-Online Aktie bedeutet dies z.B., dass zumindest das Bankhaus Sal. Oppenheim davon ausgeht, dass der Kurs dieser Aktie am 3. August 2001 deutlich unter 38,17 Euro liegen wird, weil ansonsten die Aktienanleihe für die Bank zum Verlustgeschäft würde.



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