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Riesterrente kann bald auch zur Finanzierung von selbstgenutztem Wohneigentum eingesetzt werden


urbs-media, 14.4.2008: Nach den Plänen der Bundesregierung können vermutlich rückwirkend ab Anfang des Jahres 2008 Immobilienkäufer und Bauherren ihre Riester-Rente auch in selbstgenutztes Wohneigentum investieren. Dies geht aus dem Entwurf eines "Eigenheimrentengesetzes" hervor, das soeben vom Bundeskabinett verabschiedet wurde. Im Kern geht es darum, dass die reguläre Riester-Förderung auch zum Abtragen einer laufenden Hypothek oder Grundschuld eingesetzt werden kann. Voraussetzung für das sogenannte "Wohn-Riester" ist, dass in dem Vertrag bereits eine Mindestsumme von 15.000 Euro angespart wurde. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat in diesem Zusammenhang ausgerechnet, dass man insgesamt sieben Jahre die maximale förderungsfähige Sparsumme von 2.100 Euro in einen Riester-Vertrag einzahlen muss, bis die gesetzlich festgelegte Mindestsumme zur Entnahme für das Eigenkapital erreicht ist.

Angesichts durchschnittlicher Kosten für ein Eigenheim von mindestens 200.000 Euro sind diese 15.000 Riester-Euro bei der Immobilienfinanzierung daher nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Böse Zungen behaupten daher, der Riester-Sparer könne nach 10 Jahren mit der neuen Eigenheimrente gerade einmal die Kosten für eine Gartengestaltung decken.

Das dicke Ende für den Bauherren bzw. Immobilienkäufer kommt aber im Rentenalter, wenn das Einkommen ohnehin schon niedrig ist. Denn dann fallen nachträglich auf das Wohn-Riester noch zusätzliche Steuern an, weil bei der Riester-Rente und beim Wohn-Riester das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung gilt. Hierzu werden neben dem staatlich geförderten Kapital jährlich auch noch zwei Prozent fiktive Zinsen berechnet. Auf den Gesamtbetrag muss der Immobilienbesitzer dann im Alter Steuern bezahlen. Und weil im Regelfall kein Rentner in der Lage ist, diese Steuerschuld in einer Summe zu tilgen, gewährt der Staat "großzügig" einen Zeitraum von bis zu 23 Jahren, um die Steuerschulden abzustottern. Daher werden viele Eigenheimbesitzer ihren Erben neben einem mit Hypotheken und Grundschulden belasteten Grundstück auch noch zusätzliche Steuerschulden aus der Riester-Rente vererben!

Wie immer, wenn Politiker in Deutschland neue Gesetze machen, haben diese für die Bürger böse Pferdefüße. Beim Wohn-Riester sind es die komplizierten und unzumutbaren Steuerregelungen. Außerdem ist es den Immobilienbesitzern verboten, während der Förderungsdauer die Wohnung oder das Haus zu vermieten. Dies gilt nach dem Gesetz als "steuerschädliche Verwendung" und hat zur Folge, dass die Riesterförderung zurückgezahlt werden muss. Dies gilt entsprechend auch dann, wenn die Immobilie innerhalb eines Sperrfrist von 20 Jahren verkauft wird. Die Riesterförderung darf man beim Verkauf nur dann behalten, wenn der anteilige Verkaufserlös entweder in eine andere selbstgenutzte Immobilie oder in eine Riesterrente investiert wird.

Insgesamt ist die durch Riester geförderte Eigenheimrente daher nicht empfehlenswert, weil die steuerlichen Fesseln dazu führen, dass die Betroffenen nicht mehr frei über ihre Immobilien verfügen können. Kritisch haben sich auch zahlreiche Fachverbände geäußert, z.B. der Immobilienverband Deutschland, der vor allem moniert, Wohn-Riester sei nur ein unzureichender Ersatz für die erst kürzlich abgeschaffte Eigenheimzulage. Und der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft kritisiert insbesondere die unsinnige Bürokratie beim Wohn-Riester, die erhebliche Verwaltungskosten mit sich bringt. Der Verband der Volks- und Raiffeisenbanken schließlich hält es für abschreckend, dass den Immobilienbesitzern vom Finanzamt beim Renteneintritt zusätzliche Steuern abverlangt werden, wo sie zu diesem Zeitpunkt ohnehin erhebliche Einkommenseinbußen erleiden.

urbs-media Praxistipp: Schon bei der Einführung der so genannten Riester-Rente zum Beginn des Jahres 2002 hatten wir an dieser Stelle gerügt, dass insbesondere die steuerlichen Regelungen zur Riester Rente gegen europäisches Recht verstoßen, weil sie die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der EU massiv einschränken. Ursache hierfür ist unter anderem § 95 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Hier steht unter der harmlos klingenden Überschrift "Beendigung der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht des Zulageberechtigten", dass die komplette staatliche Riester-Förderung vom Empfänger zurückgezahlt werden muss, wenn seine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht endet. Denn das Gesetz stellt den Wegzug aus Deutschland einer "schädlichen Verwendung" der Riester-Rente gleich (§ 93 EStG).

Dies bedeutet z.B. für ausländische Arbeitnehmer, dass sie den staatlichen Zuschuss zurückzahlen müssen, wenn sie nach dem Ende ihrer Berufstätigkeit wieder in ihr Heimatland zurückkehren. Aber auch deutsche Arbeitnehmer sind durch § 95 EStG massiv in ihrer Lebensplanung eingeschränkt. Nach der Pensionierung in einem Bauernhaus in Italien oder einer Eigentumswohnung auf Mallorca leben, derartige Träume sind für die Riester-Rentner im Regelfall unerschwinglich, flattert ihnen doch ein Rückzahlungsbescheid der Finanzverwaltung über viele tausend Euro ins Haus, wenn sie ihren Wohnsitz von Deutschland weg verlegen.

Die EU-Kommission hat deshalb die Bundesregierung aufgefordert, die eu-rechtswidrigen Diskriminierungen bei der Riester-Rente sofort abzustellen. Über die genannten Fälle hinaus bemängelt die EU-Kommission außerdem, dass ausländische Grenzgänger, die weniger als 90 Prozent ihres Einkommens in Deutschland verdient, keinen Anspruch auf Riester-Zulagen, haben, obwohl er hier Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen. Und auch die Neuregelung, wonach die Riester-Zulage auch für den Kauf einer in Deutschland gelegenen Wohnung genutzt werden darf, findet in der vorliegenden Form möglicherweise keine Gnade vor den Augen der EU-Kommission. Das ist besonders für Gastarbeiter ärgerlich, die ein Altersdomizil in ihrer früheren Heimat errichten wollen.

Dem Vernehmen nach will die Bundesregierung die von der EU-Kommission beanstandeten Punkte bei der Riester-Rente nicht nachbessern, sondern es auf eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ankommen lassen. Wir vermuten, dass die Richter in Straßburg dem Gedanken der Freizügigkeit innerhalb Europas ein größeres Gewicht beimessen werden als den fiskalischen Interessen des Bundesfinanzministers an möglichst hohen Steuereinnahmen durch die so genannte nachgelagerte Besteuerung.

Ob allerdings auch deutsche Staatsbürger von einem derartigen Urteil profitieren können, ist derzeit mehr als zweifelhaft. Denn im EU-Recht gilt nur der Grundsatz, dass Staatsangehörige und Unternehmen aus anderen EU-Staaten gegenüber Inländern nicht benachteiligt werden dürfen. Umgekehrt bedeutet dies dann, dass sich deutsche Arbeitnehmer gegenüber der eigenen Regierung nicht auf den Grundsatz der Freizügigkeit innerhalb Europas berufen können.

Unsere eindeutige Empfehlung lautet daher: Wer als deutscher Staatsbürger plant, seinen Wohnsitz in der Zukunft aus Deutschland wegzuverlegen, der sollte auf keinen Fall eine Altersversorgung nach dem Muster der Riester-Rente beginnen. Dies gilt zumindest so lange, bis klar ist, ob die Freizügigkeit innerhalb Europas auch für deutsche Riester-Rentner gilt. Denn die Riester-Rente ist nur wegen der staatlichen Zuschüsse für die Arbeitnehmer interessant. Wer diese Zuschüsse später zurückzahlen muss, kann praktisch mit jeder anderen Sparanlage eine deutlich höhere Rendite erzielen als mit Riester. So betrachtet gibt es um die Bundesrepublik herum jetzt für die Riester-Rentner eine neue Mauer; diesmal zwar nicht aus Stacheldraht, wegen der negativen finanziellen Folgen einer Auswanderung aber nicht minder effektiv!



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