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Keine erneute Kündigung wegen Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit nach einem erfolgreichen Kündigungsschutzprozess


urbs-media, 27.8.2007: Kündigungsschutzprozesse dauern bis zu ihrem rechtskräftigen Abschluss oft mehrere Jahre. Zahlreiche Arbeitgeber besetzen daher auch schon während der laufenden Verfahren derartige Stellen mit einem anderen Arbeitnehmer. Stellt dann z.B. das Bundesarbeitsgericht letztinstanzlich fest, dass eine Kündigung unzulässig war und dass das Arbeitsverhältnis weiterhin besteht, dann fehlt es objektiv betrachtet an einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf dem bisherigen Arbeitsplatz.

Die Rechtsprechung hielt es in derartigen Fällen bisher teilweise für zulässig, auch nach einem erfolgreich geführten Kündigungsschutzprozess dem Arbeitnehmer erneut zu kündigen, und zwar aus betrieblichen Gründen wegen Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit. Zwar ist dann bei derartigen betriebsbedingten Kündigungen eine Sozialauswahl erforderlich, deren Ergebnis konnte aber allein schon durch die Sozialdaten des neu eingestellten Beschäftigten zu Lasten des ursprünglichen Arbeitnehmers beeinflusst werden.

Das Bundesarbeitsgericht hat dieser Praxis nunmehr einen Riegel vorgeschoben: Dem Arbeitgeber ist es in derartigen Fällen nämlich untersagt, sich auf das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu berufen. Denn er hat diesen Zustand während des laufenden Kündigungsschutzverfahrens treuwidrig selbst herbeigeführt, indem er die Stelle anderweitig neu besetzt hat.

Das Bundesarbeitsgericht beruft sich hierbei auf den Rechtsgrundsatz des § 162 BGB. Hiernach fingiert das Gesetz den Eintritt bzw. Nichteintritt einer Bedingung, wenn dies von dem anderen Vertragsteil wider Treu und Glauben vereitelt wird. Mit anderen Worten: Im Rechtsverkehr darf niemand aus einer von ihm selbst herbeigeführten objektiv rechtswidrigen Lage Vorteile ziehen. Die Wirkungen eines rechtskräftigen Urteils in einem Kündigungsschutzprozess können also nicht dadurch beiseitegeschoben werden, dass der Unterlegene geltend macht, er habe gewissermaßen "im guten Gefühl des sicheren Sieges" über den Streitgegenstand anderweitig verfügt.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 1.2.2007 - 2 AZR 710/05)

urbs-media Praxistipp: Wer sich als Arbeitgeber vor einer "Doppelbesetzung" von Arbeitsplätzen während nach einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage absichern will, der sollte die Vertretungsstelle nur befristet ausschreiben. Denn das Risiko liegt nach der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nunmehr ausschließlich beim Arbeitgeber, der notfalls für den unbefristet ersatzweise eingestellten Arbeitnehmer entweder eine andere Beschäftigung im Betrieb finden oder eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen muss. Dass hierbei besondere Probleme auftreten können, zeigt das hier besprochene BAG-Urteil: Denn der ersatzweise eingestellte Arbeitnehmer war inzwischen ordentlich nicht mehr kündbar, weil er zum Betriebsrat gewählt worden war.

Schließlich hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Urteilsbegründung noch ausgeführt, dass eine erneute betriebsbedingte Kündigung nach einem erfolgreichen Kündigungsschutzprozess nicht in allen Fällen ausgeschlossen ist. Voraussetzung für eine derartige erneute Kündigung ist jedoch, dass der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers aus Gründen entfallen ist, die nicht mit der ursprünglichen Kündigung zusammenhängen. Wird daher z.B. ein Betriebsteil wegen Nachfragemangel geschlossen und fällt der Arbeitsplatz aus diesem Grunde weg, kann eine betriebsbedingte Kündigung trotz eines vorausgegangenen erfolgreichen Kündigungsschutzverfahrens durchaus zulässig sein.

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