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Das Neue Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet die Diskriminierung am Arbeitsplatz


urbs-media, 9.10.2006: Bereits seit mehreren Jahren diskutierte der Bundestag über ein Antidiskriminierungsgesetz. Hintergrund sind mehrere EU-Richtlinien, die in deutsches Recht umgesetzt werden mussten. Der damalige Gesetzentwurf der rot-grünen Bundesregierung wurde insbesondere von der deutschen Wirtschaft als bürokratisches Monstrum heftig kritisierte.

Am 18.8.2006 ist nun das so genannte Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) der Großen Koalition in Kraft getreten (BGBl Nr. 39 vom 17. August 2006, S. 1897 ff.). Dieses neue Gleichbehandlungsgesetz übernimmt dabei im Wesentlichen die von CDU und CSU seinerzeit so vehement kritisierten Regelungen aus dem Antidiskriminierungsgesetz,dessen Verabschiedung im Bundestag damals wegen der vorgezogenen Neuwahlen endgültig scheiterte.

1. Der Geltungsbereich des Gleichbehandlungsgesetzes

Das Gleichbehandlungsgesetz gilt in erster Linie im Arbeitsrecht, insbesondere bei der Einstellung und Beförderung von Arbeitnehmern, der Ausgestaltung von Arbeitsbedingungen und der Gewährung von sozialen Vergünstigungen.

Im allgemeinen Zivilrecht gilt das Gleichbehandlungsgesetz nur bei Vertragsverhältnissen, die entweder Massengeschäfte oder Versicherungen zum Gegenstand haben. Für die Vermietung von Wohnraum wurde außerdem ausdrücklich festgelegt, dass Vermieter nur dann an das Gleichbehandlungsgesetz gebunden sind, wenn sie mindestens 50 Wohneinheiten vermieten.

2. Wann liegt eine unzulässige Diskriminierung vor?

Nach dem deutschen Gleichbehandlungsgesetz liegt eine unzulässige Diskriminierung vor, wenn die Benachteiligung aus folgenden Gründen erfolgt: Wegen der Rasse, wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.

Damit geht das Gleichbehandlungsgesetz deutlich über die europarechtlichen Vorgaben hinaus, die im Zivilrecht nur den gesetzlichen Schutz vor für Diskriminierung wegen der Rasse, der ethnischen Herkunft oder des Geschlechts verlangen. Lediglich bei einer Diskriminierung wegen der Weltanschauung können sich die Betroffenen in Deutschland im Bereich des Zivilrechts nicht auf die Vorschriften des Gleichbehandlungsgesetzes berufen. Die Bundesregierung begründet diese Ausnahme damit, dass hierdurch verhindert werden soll, dass sich Rechtsextremisten im Zivilrecht auf das AGG zu berufen können.

3. Welche Sanktionen sieht das Gesetz bei Verstößen vor?

Bei den Sanktionen bei Verstößen gegen das Gleichbehandlungsgesetz ist danach zu unterscheiden, ob es sich um arbeitsrechtliche oder um zivilrechtliche Streitigkeiten handelt:

Im Arbeitsrecht gilt zunächst der Grundsatz, dass die wegen einer unzulässigen Diskriminierung benachteiligten Bewerber keinen Anspruch auf Einstellung oder Beförderung haben. Das Gesetz gewährt ihnen nur einen Schadensersatzanspruch, der z.B. im Falle der Nichteinstellung auf 3 Monatsgehälter begrenzt ist.

Auch im Zivilrecht gibt es keinen Erfüllungsanspruch, d.h. niemand kann sich in ein Rechtsverhältnis hineinklagen. Auch hier hat der Benachteiligte nur einen Anspruch auf Schadensersatz, der jedoch anders als z.B. bei einer unterbliebenen Einstellung nicht summenmäßig begrenzt ist.

4. Beweislastverteilung zu Lasten der Unternehmen

Nachteilig für Unternehmen ist auch die Beweislastverteilung: Wer Ansprüche wegen einer (angeblich) unzulässigen Diskriminierung geltend machen will, der muss hierfür nur bestimmte Vermutungstatsachen vortragen, die eine Benachteiligung glaubhaft erscheinen lassen. Hierzu reicht es nach der Gesetzesbegründung z.B. aus, dass eine abgelehnte Stellenbewerberin eine nicht geschlechtsneutral formulierte Stellenanzeige vorlegt. Der Arbeitgeber müsste in diesem Fall dann beweisen, dass entgegen dem ersten Anschein dennoch keine verbotene Diskriminierung wegen des Geschlechts vorliegt.

5. Welche Fristen sind zu beachten?

Im Vergleich zum Entwurf des Antidiskriminierungsgesetzes gab es für die Unternehmer eine eindeutige Verbesserung bei den Fristen, innerhalb derer Ansprüche geltend gemacht werden müssen: Während im ursprünglichen rot-grünen Gesetzentwurf hier ein Zeitraum von 6 Monaten vorgesehen war, verlangt dass Gleichbehandlungsgesetz nunmehr, dass derartige Ansprüche innerhalb von 2 Monaten geltend gemacht werden müssen. Im Arbeitsrecht muss dann zusätzlich innerhalb von 3 Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen Klage beim Arbeitsgericht eingerecht werden.

urbs-media Praxistipp: Ob bei dem aktuell im Bundesgesetzblatt veröffentlichten Text des "Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes" das bereits letzte Wort gesprochen wurde, ist derzeit noch völlig unklar. Denn dem Gesetzgeber ist bei der Verabschiedung des Textes im Bundestag ein peinlicher Fehler unterlaufen: Denn obwohl sich die Koalitionsfraktionen auf Antrag von CDU und CSU vor der abschließenden Beratung im Bundestag darauf geeinigt hatten, den Gewerkschaften gegen Diskriminierungen im Betrieb kein eigenes Klagerecht einzuräumen, wurde die entsprechende Änderung im Gesetzestext bei der Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes von den Beamten des Justizministeriums nicht vollständig umgesetzt. Daher wurde das Gleichbehandlungsgesetz bei seiner dritten Lesung im Bundestag von den Abgeordneten mit dem zuvor von den Koalitionspolitikern gestrichenen Passus verabschiedet. Dieser Version des Gesetzes hat dann auch der Bundesrat zugestimmt. Es bleibt daher abzuwarten, ob kurzfristig eine berichtigte Fassung des AGG ins parlamentarische Verfahren eingebracht wird.

Inwieweit sich das Gesetz in der Praxis tatsächlich wie von der Wirtschaft befürchtet negativ auf den deutschen Arbeitsmarkt auswirken wird, kann erst die Zukunft verlässlich zeigen. Extreme Vorsicht ist z.B. bei der Formulierung von Stellenanzeigen geboten. Hier kann sich bereits derjenige schadensersatzpflichtig machen, der für ein "junges Team" Verstärkung sucht. Denn diese Aussage stellt eindeutig eine verbotene Diskriminierung wegen des Alters dar!

Im Zweifelsfall kann man den Unternehmen in derartigen Fällen nur raten, ganz auf die Neueinstellung zu verzichten. Denn wenn keine neue Stelle besetzt wurde, kann sich auch niemand zu Unrecht benachteiligt fühlen und Schadensersatz verlangen. Und das Unternehmen hat dann ja immer noch die Möglichkeit, nach Ablauf einer Schamfrist von einigen Wochen sich aus der Gruppe der zuvor abgelehnten Bewerber aufgrund einer neuen Entscheidung eine geeignete Kraft auszusuchen. Warum also einfach, wenn es nach dem deutschen Recht auch umständlich geht!



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