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Neue Kombinationsmöglichkeit für Arbeitnehmer-Ehegatten bei der Steuerklassenwahl 2010


urbs-media, 16.11.2009: Bereits im Entwurf der Bundesregierung für das Jahressteuergesetz 2008 war vorgesehen, für Arbeitnehmer-Ehegatten eine neue Kombinationsmöglichkeit bei der Steuerklassenwahl für das Jahr 2009 einzuführen. Diese geplante Neuregelung wurde vom Gesetzgeber jedoch nicht umgesetzt, weil Experten gegen das geplante "optionale Anteils-Verfahren" erhebliche verfassungsrechtliche und datenschutzrechtliche Bedenken geäußert hatten. Die Datenschützer bemängelten vor allem, dass die Arbeitgeber in das steuerliche Verteilungsverfahren einbezogen werden sollten und hierbei auch Einblick in die Einkommensverhältnisse des nicht bei ihm beschäftigten Ehegatten erhalten hätten.

Im Jahressteuergesetz 2009 hat die Große Koalition daher einen erneuten Anlauf unternommen, den Steuerabzug von geringverdienenden Ehegatten zumindest scheinbar zu verringern. Hierzu gibt es ab dem Veranlagungszeitraum 2010 für Arbeitnehmer-Ehegatten zusätzlich die Möglichkeit, an Stelle der Steuerklasse III/V die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor zu wählen (§ 39 f EStG).

Durch das Faktorverfahren wird erreicht, dass bei jedem Ehegatten die steuerentlastenden Vorschriften (insbesondere der Grundfreibetrag) beim eigenen Lohnsteuerabzug berücksichtigt werden (Anwendung der Steuerklasse IV). Mit dem Faktor (0,…) wird außerdem die steuermindernde Wirkung des Splittingverfahrens beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt.

Der Antrag kann beim Finanzamt formlos (Vorlage der jeweiligen ersten Lohnsteuerkarte) oder in Verbindung mit dem förmlichen Antrag auf Eintragung eines Freibetrags gestellt werden. Dabei sind die voraussichtlichen Arbeitslöhne des Jahres 2010 aus den ersten Dienstverhältnissen anzugeben. Das Finanzamt berechnet danach den Faktor mit drei Nachkommastellen ohne Rundung und trägt ihn jeweils zur Steuerklasse IV ein, wenn dieser kleiner als 1 ist.

Der Faktor ergibt sich aus der voraussichtlichen Einkommensteuer im Splittingverfahren ("Y") geteilt durch die Summe der Lohnsteuer für die Arbeitnehmer-Ehegatten gemäß Steuerklasse IV ("X"). Ein etwaiger Freibetrag wird auf der Lohnsteuerkarte nicht eingetragen, weil er bereits bei der Berechnung der voraussichtlichen Einkommensteuer im Splittingverfahren berücksichtigt ist. Die Arbeitgeber der Ehegatten ermitteln die Lohnsteuer nach Steuerklasse IV und mindern sie durch Multiplikation mit dem auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Faktor.

Die Höhe der steuermindernden Wirkung des Splittingverfahrens hängt von der Höhe der Lohnunterschiede ab. Mit dem Faktorverfahren wird der Lohnsteuerabzug der voraussichtlichen Jahressteuerschuld sehr genau angenähert. Damit können höhere Nachzahlungen (und ggf. auch Einkommensteuer-Vorauszahlungen) vermieden werden, die bei der Steuerklassenkombination III/V auftreten. In solchen Fällen ist die Summe der Lohnsteuer im Faktorverfahren dann folgerichtig höher als bei der Steuerklassenkombination III/V.

Grundsätzlich führt die Steuerklassenkombination IV/IV-Faktor zu einer erheblich anderen Verteilung der Lohnsteuer zwischen den Ehegatten als die Steuerklassenkombination III/V. Die Ehegatten sollten daher beim Faktorverfahren - ebenso wie bei der Steuerklassenkombination III/V - daran denken, dass dies die Höhe der Entgelt- / Lohnersatzleistungen beeinflussen kann. Das Bundesministerium der Finanzen und die obersten Finanzbehörden der Länder werden auf ihren Internetseiten neben dem Abgabenrechner auch eine Berechnungsmöglichkeit für den Faktor bereithalten, damit die Arbeitnehmer-Ehegatten die steuerlichen Auswirkungen der jeweiligen Steuerklassenkombination prüfen können.

Beispiel zur Ermittlung des Faktors:

  • Jährliche Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination IV/IV:

    Arbeitnehmer-Ehegatte A: für monatlich 3.000 Euro (12 x 482,58 Euro) = 5.790,96 Euro
    Arbeitnehmer-Ehegatte B: für monatlich 1.700 Euro (12 x 153,66 Euro) = 1.843,92 Euro.

    Summe der Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination IV/IV (entspricht "X") beträgt 7.634,88 Euro.

    Die voraussichtliche Einkommensteuer im Splittingverfahren (entspricht "Y") beträgt 7.418,00 Euro.

    Der Faktor ist Y geteilt durch X, also 7.418,00 Euro : 7.634,88 Euro = 0,971 (Der Faktor wird mit drei Nachkommastellen berechnet und nur eingetragen, wenn er kleiner als 1 ist).

  • Jährliche Lohnsteuer bei Steuerklasse IV/IV mit Faktor 0,971:

    Arbeitnehmer-Ehegatte A für monatlich 3.000 Euro (482,58 Euro x 0,971) 468,59 Euro x 12 = 5.623,08 Euro
    Arbeitnehmer-Ehegatte B für monatlich 1.700 Euro (153,66 Euro x 0,971) 149,20 Euro x 12 = 1.790,40 Euro

    Summe der Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor 0,971 = 7.413,48 Euro.

    Wie bei der Wahl der Steuerklassenkombination III/V sind die Arbeitnehmer-Ehegatten auch bei der Wahl des Faktorverfahrens verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt einzureichen. Im Beispielsfall führt die Einkommensteuerveranlagung:

  • bei der Steuerklassenkombination III/V
    zu einer Nachzahlung in Höhe von 218,12 Euro
    (voraussichtliche Einkommensteuer im Splittingverfahren 7.418,00 Euro - Summe Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination III/V 7.199,88 Euro (12x[245,83 Euro + 354,16 Euro]),

  • bei der Steuerklassenkombination IV/IV
    zu einer Erstattung in Höhe von 216,88 Euro
    (voraussichtliche Einkommensteuer im Splittingverfahren 7.418,00 Euro - Summe Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination IV/IV 7.634,88 Euro),

  • bei der Steuerklassenkombination IV/IV-Faktor
    weder zu einer Nachzahlung noch zu einer Erstattung
    (in diesem Fall nur Rundungsdifferenz in Höhe von 4,52 Euro; voraussichtliche Einkommensteuer Splittingverfahren 7.418,00 Euro - Summe der Lohnsteuer bei Steuerklasse IV/IV mit Faktor 7.413,48 Euro).
Die Lohnsteuer ist im Faktorverfahren wesentlich anders verteilt (5.623,08 Euro für A und 1.790,40 Euro für B) als bei der Steuerklassenkombination III/V (2.949,96 Euro für A und 4.249,92 Euro für B). Die Lohnsteuerverteilung im Faktorverfahren entspricht der familienrechtlichen Verteilung der Steuerlast im Innenverhältnis der Ehegatten.

urbs-media Praxistipp: Bereits in unserem Update vom 20.8.2007 hatten wir die geplanten Neuregelungen als "Steuer-Placebo für geringverdienende Arbeitnehmer-Ehegatten" bezeichnet. An dieser Einschätzung ändert sich nichts durch die jetzt vorgenommenen Neuregelungen. Denn die Bundesregierung hat die datenschutzrechtlichen Bedenken bei der Neuregelung nicht wirklich ausgeräumt. Der Arbeitgeber kann nämlich durch den auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Faktor mit Hilfe des ihm bekannten Gehalts des Arbeitnehmers leicht errechen, welches Einkommen der andere Ehegatte hat. Von Steuergeheimnis also keine Spur! Wir raten allen betroffenen Arbeitnehmer-Ehegatten daher weiterhin, von diesem Verfahren keinen Gebrauch zu machen.

Die Bedenken der urbs-media Redaktion gegen das Faktorverfahren sind insbesondere arbeitsrechtlicher Natur: Der Arbeitgeber muss nämlich im Falle einer betriebsbedingten Kündigung bei der Sozialauswahl auch die finanziellen Verhältnisse der Arbeitnehmer berücksichtigen. Und hier liegt es auf der Hand, dass Arbeitnehmer, die mit einem gut verdienenden Ehegatten verheiratet sind, auf der Liste der aus betrieblichen Gründen zu entlassenden Arbeitnehmer ganz oben stehen.



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