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Das Bundesverwaltungsgericht erlaubt die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer von Studenten


urbs-media, 22.9.2008: Studenten in Deutschland sehen sich immer mehr und vor allem höheren staatlichen Abgaben ausgeliefert. Da gibt es nicht nur Rückmelde- und Sozialgebühren, sondern zusätzlich in den meisten Bundesländern auch regelmäßige Studiengebühren von 500 Euro pro Semester. Mehrere Universitätsstädte haben seit einiger Zeit auch noch die Studentenbude am Studienort als zusätzliche Einnahmequelle entdeckt und verlangen eine so genannte Zweitwohnungssteuer, wenn die Studierenden z.B. noch am Wohnort der Eltern mit erstem Wohnsitz gemeldet sind.

Derartige Abgaben auf "Zweit-Wohnungen" erheben nicht nur Kur- und Erholungsorte, eine Zweitwohnungssteuern gibt es auch in Großstädten, wie z.B. in Augsburg, Wuppertal, Hannover, Mainz oder Dortmund. Wer daher als Student mit Hauptwohnsitz nicht am Studienort angemeldet ist, wird mit jährlich etwa 100 bis 200 Euro zur Kasse gebeten.

Vor einiger Zeit sah es noch so aus, als würden die Verwaltungsgerichte zumindest für Studenten diese Form von kommunaler Abzocke verbieten. Denn verschiedene Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte in Deutschland hatten derartige Zweitwohnungsabgaben für Studenten verboten (VG Düsseldorf, Urteil vom 19.11.2007 - 25 K 2703/07, OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29.1.2007 - 6 B 11579/06). Hauptargument der Gerichte war dabei, dass von einer steuerpflichtigen Zweitwohnung nur dann gesprochen werden kann, wenn der Steuerpflichtige über eine Erstwohnung verfügt. An dieser Voraussetzung fehlt es jedoch, wenn ein Student zwar im Hause seiner Eltern mit dem Hauptwohnsitz gemeldet ist, ihm dort aber nur sein ehemaliges Kinderzimmer zur Verfügung steht. Darüber hinaus sei die Zweitwohnungssteuer nur gerechtfertigt, wenn das Innehaben einer weiteren Wohnung neben der Erstwohnung den Schluss auf eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zulasse. Wer als Student während des Semesters am Studienort eine Nebenwohnung unterhält, im Übrigen aber den Wohnraum der Eltern als Teil der Unterhaltsleistung nutzt, stellt mit diesem Verhalten jedoch im allgemeinen keine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unter Beweis.

Das Bundesverwaltungsgericht hat jetzt jedoch in vier Revisionsurteilen genau gegenteilig entschieden und der Abzocke von Studenten mit der Zweitwohnungssteuer damit bundesweit Tür und Tor geöffnet. Nach dieser Entscheidung ist es rechtlich unerheblich, ob der Steuerpflichtige über eine Erstwohnung mit einer rechtlich abgesicherten Nutzung verfüge. Das Innehaben einer - weiteren - Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung sei ein besonderer, typischerweise über das allgemeine Wohnbedürfnis hinausgehender Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordere und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringe. Zu welchem Zweck eine solche Wohnung genutzt werde und wer sie finanziere, sei unerheblich. Im Rahmen der im Steuerrecht zulässigen Typisierung komme es nicht darauf an, ob im Einzelfall Leistungsfähigkeit gegeben sei. Auch dürfe an die melderechtlichen Verhältnisse angeknüpft werden. Sei der Steuerpflichtige mit einer Hauptwohnung und einer Nebenwohnung gemeldet, indiziere dies, dass er mit der Hauptwohnung seine allgemeinen Wohnbedürfnisse befriedige. Auch das Sozialstaatsprinzip fordere nicht, BAföG-Empfänger generell von der Steuererhebung auszunehmen. Es genüge, wenn im Einzelfall unzulänglicher Leistungsfähigkeit durch Erlass der Steuerschuld Rechnung getragen werden könne.

(Bundesverwaltuungsgericht, Urteile vom 17.9.2008 - 9 C 13.07; 9 C 14.07; 9 C 15.07 und 9 C 17.07)

urbs-media Praxistipp: Wer als Student an einer Universität studiert, wo die Gemeinde eine Zweitwohnungsteuer erhebt, sollte unbedingt dort seinen Erstwohnsitz anmelden. Gegebenenfalls wird es in dieser Sache auch eine Verfassungsbeschwerde geben, denn das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts steht in eindeutigem Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zweitwohnungssteuer bei einer beruflich bedingten doppelten Haushaltsführung. Hierzu haben die Karlsruher Verfassungsrichter nämlich entschieden, dass zumindest bei verheirateten Arbeitnehmern für eine Wohnung am Beschäftigungsort keine Zweitwohnungssteuer erhoben werden darf (BVerfG, Beschluss vom 11.10.2005 - 1 BvR 1232/00 und 1 BvR 2627/03).

Ähnliche Erwägungen wird man auch für Studenten anstellen müssen, und zwar unabhängig davon, ob sie verheiratet sind oder nicht. Denn der Wohnraum bei den Eltern stellt einen Teil des Unterhalts dar und darf unter verfassungsrechtlichen Aspekten nicht dazu führen, dass die Studierenden deshalb zusätzlich mit einer Zweitwohnungssteuer belastet werden. Denn nicht nur Ehe und Familie (Art. 6 des Grundgesetzes), sondern auch die frei Wahl der Ausbildungsstätte (Art. 12 GG) steht unter dem Schutz des Grundgesetzes.



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