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Was das so genannte Sparpaket der Bundesregierung die Bürger in Deutschland tatsächlich kostet


urbs-media, 21.6.2010: Vor zwei Wochen hatte sich die Bundesregierung im Berliner Kanzleramt zu einer so genannten Spar-Klausur versammelt. Als Sparziel der Kanzlerin nannte die Deutsche Presseagentur in diesem Zusammenhang für das Jahr 2011 insgesamt 11,1 Mrd. Euro und für die Folgejahre bis einschließlich 2016 jeweils noch einmal 8 Mrd. Euro. Insgesamt, so die DPA, seien von der schwarz-schwarz-gelben Bundesregierung in den Jahren 2011 bis 2016 Einsparungen in der Größenordnung von ca. 50 Mrd. Euro vereinbart worden.

Wer dann am 7.6.2010 die Pressekonferenz von Angela Merkel und Guido Westerwelle verfolgte, der hatte schon einige Mühe, dem Geschwafel der Kanzlerin und des Vizekanzlers konkrete Sparziele und vor allem konkrete Zahlen zu entnehmen. Jedenfalls waren die angeblich eingesparten Beträge mit insgesamt 80 Mrd. Euro in den Jahren 2011 bis 2014 plötzlich deutlich höher, als zuvor von der Deutschen Presseagentur gemeldet. Und so verwundert es auch nicht, dass der deutsche Außenminister und Vizekanzler von den versammelten Journalisten der Bundespressekonferenz nur schallendes Gelächter erntete, als er meinte, die Eckpunkte des Sparpaketes nicht weiter erläutern zu müssen, weil die Kanzlerin dies bereits ausführlich getan hätte.

Damit Sie sich trotz der unzureichenden Informationen aus der Bundesregierung ein Bild von den Plänen der Bundesregierung machen können und vor allem abschätzen können, welche finanziellen Zusatzbelastungen in den kommenden Jahren auf die Bürger zukommen, haben wir das so genannte Sparpaket in seine Bestandteile aufgeschnürt. Dabei sind aber immer noch viele Punkte unklar, z.B. ab wann die Verschlechterungen in Kraft treten werden.

1. Die von der Bundesregierung geplanten Leistungskürzungen

1.1 Streichung des Elterngelds für die Bezieher von Arbeitslosengeld II

Die Höhe des Elterngelds richtet sich grundsätzlich nach dem Einkommen in der Zeit vor der Geburt des Kindes. Wer vor der Geburt nicht erwerbstätig war, der erhält als Elterngeld den so genannten Sockelbetrag von 300 Euro pro Monat. Diese Zahlungen werden auf andere Sozialleistungen (z.B. Arbeitslosengeld II) nicht angerechnet.

Die Bundesregierung hat nunmehr beschlossen, die Zahlung von Elterngeld an die Bezieher von Hartz IV einzustellen. Damit sollen ab dem Jahr 2011 pro Jahr jeweils 400 Mio. Euro eingespart werden. Die Neuregelung wird vermutlich für alle Geburten ab dem 1.1.2011 gelten. Wer als Hatz IV-Bezieher gegenwärtig Elterngeld erhält, ist daher von den Verschlechterungen wohl nicht betroffen.

1.2 Generelle Kürzung des Elterngeldes

Elterngeld wird derzeit in Höhe von 67 Prozent des vergangenen durchschnittlichen Einkommens gezahlt. Der Höchstbetrag für das Elterngeld liegt bei 1.800 Euro pro Monat. Dieser Prozentsatz wird künftig von 67 Prozent auf 65 Prozent gekürzt. Damit will die Bundesregierung in den nächsten Jahren Einsparungen in der Größenordnung von 200 Mio. Euro pro Jahr erzielen.

Aus den Äußerungen der Bundesregierung ist nicht ganz klar, wie die Kürzung des Elterngeldes erfolgen soll. Wir vermuten, dass es wie auch beim Wegfall des Elterngelds für die Bezieher von Hartz IV auf den Zeitpunkt der Geburt ankommen wird. Wer daher am 1.1.2011 bereits Elterngeld bezieht, der sollte unter Beachtung rechtstaatlicher Grundsätze von der Kürzung nicht betroffen sein.

1.3 Umwandlungen von Pflichtleistungen der Bundesanstalt für Arbeit in Ermessensleistungen

Nach bisherigem Recht haben Arbeitslose einen gesetzlichen Anspruch auf zahlreiche Leistungen der Arbeitslosenversicherung, z.B. auf Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation bei Krankheit oder nach Unfällen. Solche Rechtsansprüche sollen künftig entfallen und deren Bewilligung in das Ermessen der Bundesanstalt für Arbeit gestellt werden.

Insgesamt will die Bundesregierung auf diese Weise im Jahr 2011 insgesamt 2 Mrd. Euro, im Jahr 2012 dann 4 Mrd. Euro und 2013 und 2014 jeweils 5 Mrd. Euro einsparen. Experten warnen jedoch, dass derartige Ausgabenkürzungen in späteren Jahren enorme Folgekosten nach sich ziehen werden, weil viele Menschen, die man kurzfristig mit vergleichbar geringen Beträgen wieder in das Berufsleben eingliedern könnte, dem Staat später als Dauerarbeitslose zur Last fallen werden.

1.4 Abschaffung der Zuschüsse zur Rentenversicherung für Langzeitarbeitslose

Bezieher von Arbeitslosengeld II erhalten derzeit aus Steuermitteln einen Zuschuss zu ihrer Rentenversicherung. Damit soll erreicht werden, dass diese Personen im Alter eine eigene ausreichende Rente bekommen und nicht auf die so genannte staatliche Grundsicherung angewiesen sind.

Diese Rentenversicherungszuschüsse sollen ab dem Jahr 2011 abgeschafft werden. Die Bundesregierung erwartet hierdurch jährliche Einsparungen von 1,8 Mrd. Euro. Aber auch hier gilt, dass diese Einsparungen in vielen Fällen zu Mehrausgaben in einigen Jahren führen werden, wenn die Betroffenen dann statt einer eigenen auskömmlichen Rente vom Staat zusätzliche Leistungen in Form der Grundsicherung erhalten.

1.5 Abschaffung befristeter Zuschüsse beim Übergang vom Arbeitslosengeld I zu Hartz IV

Wenn Arbeitslose nach Ablauf des Bezugszeitraums für das Arbeitslosengeld I zu Beziehern von Hartz IV werden, haben die Betroffenen für zwei Jahre einen Anspruch auf einen Zuschlag zum Arbeitslosengeld II. Die Höhe des Zuschlags bemisst sich aus der Differenz zwischen ALG I und ALG II und beträgt im ersten Jahr zwei Drittel und im zweiten Jahr die Hälfte der Differenz. Maximal beträgt dieser Zuschlag pro Monat für Alleinstehende 160 Euro und für Ehepartner 320 Euro. Für im Haushalt lebende Kinder gibt es einen weiteren Zuschlag von monatlich 60 Euro je Kind.

Dieser Zuschlag wird ab 1.1.2011 abgeschafft. Die Bundesregierung erwartet durch diese Maßnahme Einsparungen in Höhe von 200 Mio. Euro pro Jahr.

1.6 Streichung des Heizkostenzuschusses für Wohngeldempfänger

Empfänger von Wohngeld haben gegenwärtig einen Anspruch auf einen staatlichen Zuschuss zu ihren Heizkosten. Dieser Zuschuss beträgt pauschal pro Monat bei Ein-Personen-Haushalten 24 Euro und 31 Euro bei Zwei-Personen-Haushalten. Für jedes weitere Familienmitglied erhöht sich dieser Zuschuss um zusätzliche 6 Euro im Monat.

Dieser wegen der hohen Energiepreise erst zum 1.1.2009 eingeführte Heizkostenzuschuss soll ab 1.1.2011 wieder abgeschafft werden. Die Regierung erwartet hierdurch ab 2011 Einsparungen von 100 Mio. Euro pro Jahr.

2. Steuer- und Abgabenerhöhungen

2.1 Einführung einer so genannten Brennelementesteuer

Die Betreiber von Kernkraftwerken in Deutschland sollen als Gegenleistung für eine von der schwarz-schwarz-gelben Bundesregierung noch zu beschließende Verlängerung der Restlaufzeit von alten Kernkraftwerken eine so genannte Brennelementesteuer bezahlen. Die Bundesregierung erwartet hierdurch ab dem Jahr 2011 jährliche Steuermehreinnahmen in Höhe von 2,3 Mrd. Euro.

Energieexperten kritisieren, dass die Kraftwerksbetreiber diese Steuer auf die deutschen Stromkunden und in erster Linie auf die Privathaushalte abwälzen werden. Wie die Bildzeitung in Ihrer Ausgabe vom 12.6.2010 berichtete, muss ein Vier-Personen-Haushalt hierdurch auf das Jahr gerechnet mit einer Strompreiserhöhung von 60 Euro rechnen.

2.2 Einführung einer so genannten Finanzaktivitätssteuer

Kreditinstitute sollen ab dem Jahr 2012 auf Finanztransaktionen eine neue Steuer entrichten. Die Bundesregierung erwartet hieraus steuerliche Mehreinnahmen in Höhe von 2 Mrd. Euro pro Jahr.

Wie bei der Kernkraftabgabe erwarten Experten auch bei dieser Bankenabgabe, dass es letztendlich die Kleinsparer in Deutschland sein werden, die diese Steuer im Endeffekt bezahlen müssen. Denn es ist davon auszugehen, dass die Banken und Sparkassen diese zusätzlichen Belastungen einfach auf ihre Kunden abwälzen werden. Unter dem Strich wird die Rendite von privaten Alterssicherungen und Sparplänen in Deutschland daher weiter sinken. Wer hingegen sein Vermögen außerhalb des Zugriffsbereichs des deutschen Fiskus anlegt, der bleibt von dieser Abgabe verschont!

2.3 Wiedereinführung des staatlichen Steuerprivilegs beim Insolvenzverfahren

Bis Ende des Jahres 1998 galt im deutschen Konkursrecht das so genannte Fiskusprivileg. Hiernach galten Steuerschulden nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch als Masseschulden und wurden vorrangig bedient. Die Bundesregierung hatte schon einmal im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2007 versucht, dieses 1999 abgeschaffte Insolvenzvorrecht der Finanzämter wieder einzuführen. Damals hatte sich bei der Anhöhrung im Finanzausschuß des deutschen Bundestags vor allem die FDP gegen die Wiedereinführung des Fiskusprivilegs ausgesprochen.

Jetzt soll endgültig das Vorrecht von Steuerforderungen im Insolvenzverfahren wieder eingeführt werden. Die Bundesregierung erwartet hierdurch ab dem Jahr 2011 Mehreinnahmen in Höhe von jeweils 500 Mio. Euro pro Jahr. Im Ergebnis müssen diese steuerlichen Mehreinnahmen von den übrigen Insolvenzgläubigern bezahlt werden. Denn deren Quote verringert sich entsprechend, wenn der Staat aus der Insolvenzmasse vorrangig bedient wird. Leidtragende der geplanten Neuregelung sind dabei nicht nur Banken und Sparkassen, sondern zum großen Teil auch Handwerker und Lieferanten des Gemeinschuldners.

3. Was die Regierung in ihrem Sparpaket verschweigt

Die Bundeskanzlerin und der Außenminister haben das Sparpaket als finanzpolitische Großtat gelobt. Es sei gelungen, ohne die Bürger durch Steuererhöhungen zu belasten, in den kommenden Jahren bis 2014 insgesamt mehr als 80 Mrd. Euro einzusparen. Diese Behauptung ist gleich doppelt gelogen:
  • Die zusätzlichen Belastungen für das Kreditgewerbe und für die Betreiber von Kernkraftwerken werden nämlich auf die Bürger abgewälzt. Sie stellen damit indirekte Abgabenerhöhungen dar, weil z.B. die Zinsen bei Spareinlagen sinken und die Strompreise steigen werden.

  • Viele der genannten Einsparungen (z.B. bei den Ausgaben für die berufliche Rehabilitation) führen in einigen Jahren zu erheblichen Mehrbelastungen für den Staatshaushalt. Außerdem ist bei vielen Einsparpositionen (z.B. bei der öffentlichen Verwaltung oder der Bundeswehr) noch völlig unklar, ob sich diese politisch überhaupt durchsetzen lassen.
Finanzexperten rechnen daher damit, dass etwa ein Drittel des durch das so genannte Sparpaket dargestellten Einsparpotentials (ca. 25 Mrd. Euro) aus Luftbuchungen besteht! Unter dem Strich wird daher nur bei den ohnehin sozial Schwachen gespart, während sich die politische Elite von allen Sparanstrengungen ausnimmt.

4. Was das Sparprogramm der Bundesregierung wirklich bewirkt

Im Vergleich zum Jahr 2000 hat in Deutschland der finanzielle Unterschied zwischen Arm und Reich weiter zugenommen. Konkret zeigt eine am 15.6.2010 veröffentlichte Untersuchung des DIW, dass die Mittelschicht in Deutschland weiter schrumpft und das Familieneinkommen für große Teile der Bevölkerung in den vergangenen 10 Jahren deutlich gesunken ist. Wie soll dann der von der Bundesregierung so lautstark beschworene Aufschwung kommen, wenn große Bevölkerungsteile in Deutschland buchstäblich verarmen?

Als Ausgleich für die Einsparungen beim gemeinen Volk hat die Bundesregierung nach Medienberichten aber beschlossen, die Bezüge der Regierungsmitglieder ab August 2010 um ca. 5 Prozent (monatlich 334 Euro für die Kanzlerin und 272 Euro für die Minister) zu erhöhen (Welt-Online vom 7.5.2010). Das zeigt, wie das System Merkel in der Praxis funktioniert: Statt die für die Finanz- und Wirtschaftskrise verantwortlichen Politiker mit einer mindestens 25-prozentigen Kürzung ihrer Diäten und Gehälter an dem Sparpaket zu beteiligen, sollen deren Bezüge sogar noch angehoben werden!

5. Die nächsten Steuer- und Abgabenerhöhungen sind bereits absehbar

Selbst die Bundesregierung weiß, dass das vorgelegte Sparpaket in der aktuellen Krise völlig falsche Akzente setzt. Aber noch viel schlimmer: Wenn die zahlreichen Bürgschaften für marode Banken, für die heruntergewirtschafteten EU-Mitgliedsstaaten und die sonstigen Auslandsverpflichtungen der Bundesrepublik eingelöst werden müssen, dann ist es mit 80 Mrd. Euro an Einsparpotential bis zum Jahr 2014 nicht getan. Dann muss der deutsche Staat schon jährlich weitere 50 bis 100 Mrd. Euro erwirtschaften. Daher drohen in absehbarer Zeit dramatische Steuer- und Abgabenerhöhungen. Pkw-Maut, Mehrwertsteuererhöhung, erhöhte Tabak- und Alkoholsteuer, Ticketsteuer für Flugreisen, Ausdehnung der Gewerbesteuer auf Freiberufler - dem Erfindungsreichtum der Politiker sind hier kaum Grenzen gesetzt. Allein die Pkw-Maut wird einen durchschnittlichen Autofahrer nach Berechnungen des ADAC zusätzlich pro Jahr mit etwa 700 Euro belasten (RP-Online vom 11.6.2010).

Da ist es schon eine Frechheit, wenn sowohl die Bundesregierung als auch große Teile der Opposition pro Jahr etwa 3. Mrd. Euro für den Afghanistan-Krieg bewilligen und diesen Wahnsinn nicht einmal in Frage stellen. Denn statt der im von der Bundesregierung offiziell zugestandenen Kriegskosten von 1 Mrd. Euro pro Jahr zahlen die deutschen Steuerzahler für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr in Wahrheit 3 Mrd. Euro pro Jahr (Spiegel-Online vom 20.5.2010). Und da sind wir bei einer der wesentlichen Ursachen für den wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands: Die laufenden Kriegskosten haben unser Land finanziell ausgezehrt. Und abgesehen von der Linken weigern sich die übrigen Parteien im Bundestag beharrlich, diesem volkswirtschaftlichen Wahnsinn ein sofortiges Ende zu bereiten!



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