AfA-Tabellen auf CD
AfA-Tabellen
auf CD-ROM
urbs - media GbR
– Ihr gutes Recht im Internet –
Startseite von urbs-media - www.urbs.de  Homepage
Zur übersicht: Alle aktuellen Kurz-Infos  Übersicht

Gegen Erbschaftsteuerbescheide sollten Sie unbedingt Einspruch einlegen


urbs-media, 5.11.2012: Die damalige "Große Koalition" hatte zum Beginn des Jahres 2009 die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer neu festgesetzt. Im Zuge dieser Erbschaftsteuerreform wurde zugleich die steuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen festgeschrieben (§§ 13a und 13b ErbStG). Konkret wurde die bisherige Bewertung von Betriebsvermögen vom Buchwertprinzip auf das Verkehrswertsprinzip umgestellt. Hintergrund dieser Änderung war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 7.11.2006 (AZ 1 BvL 10/02), in dem der Gesetzgeber gezwungen wurde, ab dem 1.1.2009 neue Bewertungsvorschriften bei der Erbschaftsteuer zu erlassen.

Da diese veränderten Bewertungsvorschriften im Einzelfall zu einer bis zu zehn mal höheren Erbschaftsteuer für Firmennachfolger geführt hätten, wurde zeitgleich zum Beginn des Jahres 2009 durch die oben genannten §§ 13a und 13b des Erbschaftsteuergesetzes eine neue Befreiungsmöglichkeit von der Erbschaftsteuer eingeführt. Hiernach wird den Betriebserben die Erbschaft-Steuer ganz oder teilweise erlassen, wenn er das Unternehmen mindestens sieben Jahre weiterführt und die Lohnsumme während dieser Zeit im wesentlichen unverändert bleibt.

Seit dem 1.1.2009 gibt es für Betriebsvermögen folgende Befreiungsmöglichkeiten von der Erbschaftsteuer:
  • Wird der Betrieb mindestens sieben Jahre fortgeführt, bleiben 85 Prozent des Unternehmenswerts steuerfrei.
  • Wird der Betrieb mindestens zehn Jahre fortgeführt, fällt für das Betriebsvermögen keine Erbschaftsteuer an.

Weitere Voraussetzung für die Erbschaftsteuerbefreiung für Betriebsvermögen ist, dass während der Frist von sieben bzw. zehn Jahren aus dem Unternehmen nicht mehr finanzielle Mittel entnommen werden als an betrieblichem Gewinn anfällt.

Schon damals hatten wir an dieser Stelle in einer Kommentierung der Neuregelung die Frage aufgeworfen, ob die Begünstigung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 GG) zu vereinbaren ist. Insbesondere hatten wir bezweifelt, ob es bei der Erbschaftsteuer gutes (steuerfreies) Vermögen und schlechtes (steuerpflichtiges) Vermögen geben darf.

Der Bundesfinanzhof hat jetzt ebenfalls erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Erbschaftssteuerbefreiung von Betriebsvermögen geäußert und diese Frage dem Bundesverfassungsgericht zur abschließenden Entscheidung vorgelegt (Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27.9.2012 - II R 9/11).

Vermutlich wird das Bundesverfassungsgericht das neue Erbschaftsteuerrecht wie auch die Vorgängerregelung für verfassungswidrig erklären. Endgültige Rechtssicherheit hinsichtlich der Besteuerung von Erbschaften seit dem 1.1.2009 wird es aber erst in einigen Jahren geben.

Sollte das Bundesverfassungsgericht die erbschaftsteuerliche Bevorzugung von Betriebsvermögen erwartungsgemäß für verfassungswidrig erklären, dann hätte eine derartige Entscheidung jedoch nicht nur Auswirkungen für Firmenerben. Denn dann verstoßen alle auf der Grundlage des seit 1.1.2009 geltenden Erbschaftsteuerrechts ergangenen Steuerbescheide gegen das Grundgesetz.

Wie die Bürger in derartigen Fällen aber immer wieder leidvoll erfahren mussten, hilft eine derartige Entscheidung aber nur dann, wenn der entsprechende Steuerbescheid noch nicht bestandskräftig geworden ist. Unbedingt erforderlich ist daher, dass alle betroffenen Steuerpflichtigen gegen alle Bescheide der Finanzämter, in denen sie zur Zahlung von Erbschaftsteuer verpflichtet werden, Einspruch einlegen. Und wenn wir alle Steuerpflichtigen sagen, dann meinen wir das auch so!

Lassen Sie sich in diesem Zusammenhang auch nicht von gezielt gestreuten Gerüchten verunsichern, ein Einspruch könne dazu führen, dass Sie bei einem Einspruch am Ende noch mehr Erbschaftsteuer bezahlen müssen. Denn hier gilt der Grundsatz der "Reformatio in peius.

Behörden dürfen folglich einen belastenden Verwaltungsakt im Rechtsmittelverfahren zu Lasten der Bürger nicht verschärfen. Dieses Verschlechterungsverbot hat Verfassungsrang und kann folglich auch von einer noch so üblen Bundesregierung nicht außer Kraft gesetzt werden.

Ein Einspruch gegen Erbschaftsteuerforderungen ist daher solange zwingend erforderlich, bis die Finanzverwaltung ihre Steuerbescheide hinsichtlich des beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahrens automatisch für vorläufig erklärt. Allerdings bedarf es im Regelfall zunächst massenhafter Einsprüche von Steuerpflichtigen, bevor die Finanzverwaltung derartige Steuerbescheide in die amtliche Liste der vorläufigen Steuerfestsetzungen aufnimmt. Ob dies der später möglicherweise Fall ist, erfahren Sie dann unten auf dem Erbschaftsteuerbescheid durch einen entsprechenden Hinweis.

urbs-media Praxistipp: Die seit dem 1.1.2009 geltenden Freibeträge und Steuersätze bei der Erbschaftsteuer finden Sie in unserem urbs-media Archiv. In diesem Beitrag vom 16.3.2009 hatten wir unten in unserem damaligen urbs-media Praxistipp bereits auf die verfassungsrechtlichen Bedenken in Zusammenhang mit dem damals eingeführten Steuerprivilegien für Erben von Betriebsvermögen hingewiesen.

Nachtrag vom 17.12.2012: Die obersten Finanzbehörden der Länder haben inzwischen gleichlautende Erlasse veröffentlicht, wonach Erbschafsteuerbescheide in Deutschland generell nur noch vorläufig ergehen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um Privatvermögen oder um Betriebsvermögen handelt. Betroffene Steuerpflichtige sind daher nicht mehr gezwungen, Einspruch gegen Erbschaftsteuerbescheide einzulegen, um von einer eventuellen positiven Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu profitieren.



urbs-media GbR
http://www.urbs.de