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Das Bundessozialgericht billigt jetzt entgegen seiner frühren Rechtsprechung die Kürzung von Erwerbsminderungsrenten


urbs-media, 18.8.2008: Im Jahr 2001 führte die damalige rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Schröder auch bei den Erwerbsminderungsrenten bestimmte Abschläge ein, wenn Versicherte vor Vollendung des 63. Lebensjahres eine derartige Rente beziehen. Konkret sieht das Gesetz vor, dass zwischen dem 60. und 63 Lebensjahr für jeden Monat des vorzeitigen Rentenbeginns ein Abschlag in Höhe von drei Prozent erfolgt. Somit ergibt sich ein maximaler Rentenabschlag von 10,8 Prozent, wenn die Erwerbsminderungsrente drei Jahre vor Erreichung der Altersgrenze von 63 Jahren bewilligt wird.

Die Rentenversicherungsträger nahmen die Neuregelung zum Anlass, bei allen Rentenbewilligungen vor dem vollendeten 60. Lebensjahr den maximalen Rentenabschlag von 10,8 Prozent festzusetzen. Gegen diese Praxis der Rentenversicherungsträger hatte mit Unterstützung des Sozialverbands Deutschland e.V (SoVD) eine 1960 geborene Rentenbezieherin geklagt, deren Erwerbsminderungsrente bei einem Neubescheid im Jahr 2003 aufgrund der Abschläge um 137 Euro gekürzt worden war. Das Bundessozialgericht hatte damals entschieden, dass das geltende Rentenrecht zwar Abschläge für den vorzeitigen Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente vorsieht, jedoch nur für diejenigen Personen, deren Erwerbsunfähigkeitsrente erstmals nach der Vollendung des 60. Lebensjahres gezahlt wurde.

Für diejenigen Erwerbsunfähigkeitsrentner, die bereits vor dem 60 Geburtstag eine Rente bezogen, bestimmt § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI dagegen ausdrücklich, dass die Zeit einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres nicht als "Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme" gilt. Folglich sind in diesen Fällen auch keine Rentenkürzungen in Form eines verminderten Zugangsfaktors möglich. Mit anderen Worten: Die Abschläge für Erwerbsunfähigkeitsrentner, die beim Rentenbeginn das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, sind nach dem BSG-Urteil objektiv willkürlich und rechtswidrig (Bundessozialgericht, Urteil vom 16.5.2006 - B 4 RA 22/05 R).

Die Rentenversicherungsträger haben dieses Urteil jedoch ignoriert und die Anträge auf Neuberechnung der Erwerbsminderungsrente weiterhin abgelehnt. Betroffene Rentner mussten daher erneut bis zum Bundessozialgericht klagen, um sich gegen die vom Bundessozialgericht als rechtswidrig und willkürlich bezeichneten Rentenkürzungen zu wehren.

Das Bundessozialgericht hat jetzt jedoch völlig überraschend seine bisherige eindeutige am Gesetzestext orientierte Rechtsprechung aufgegeben und die zuvor im Jahr 2006 noch als willkürlich bezeichneten Rentenabschläge in vier gleichlautenden Urteilen plötzlich für zulässig erklärt. Hintergrund dieses Schwenks bei der Rechtsprechung ist offenbar, dass ansonsten mindestens 200.000 Rentenbezieher eine Anhebung ihrer Bezüge hätten verlangen können. Andere Berechnungen sprechen sogar von bis zu 900.000 durch die Rentenkürzungen betroffenen Erwerbsminderungsrenten, so dass es insgesamt um Ansprüche im Milliardenbereich ging.

(Bundessozialgericht, Urteile vom 14.8.2008 - B 5 R 32/07 R; B 5 R 88/07 R; B 5 R 98/07 R und B 5 R 140/07 R)

urbs-media Praxistipp: Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung haben diejenigen Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung, deren Leistungsfähigkeit nach ärztlichem Zeugnis teilweise gemindert ist oder die wegen Krankheit oder Behinderung vollständig erwerbsunfähig sind (§ 43 SGB VI). Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen einer Vollrente wegen Erwerbsminderung und einer Teilrente wegen Erwerbsminderung. Kann der Versicherte weniger als drei Stunden pro Tag arbeiten, erhält er die Erwerbsminderungsrente in voller Höhe. Kann der Versicherte pro Tag noch mindestens drei Stunden bis maximal sechs Stunden arbeiten, erhält er eine Teilrente in Höhe der Hälfte einer vollen Erwerbsminderungsrente.

Weitere Voraussetzung für eine Erwerbsminderungsrente ist, dass der Versicherte vor Eintritt der Erwerbsminderung innerhalb der letzten fünf Jahre mindestens drei Jahre Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung eingezahlt hat.



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